Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → REDAKTION

GENTECHNIK/274: Glyphosat-Resistenz breitet sich aus (SB)


"Super-Unkraut" verdrängt Gentech-Baumwolle

US-Erzeuger müssen wiederholt neue Anpassungsstrategien fahren


Eine Binsenweisheit der Landwirte lautet, daß die wiederholte Verwendung des gleichen Herbizids über kurz oder lang Resistenzen hervorbringt. Beim Wirkstoff Glyphosat war die Frist eher kurz. Besonders schwer getroffen hat dies die Baumwolleproduzenten in den USA. Dort bereitet sich die als "Super-Unkraut" bezeichnete Pflanze Palmer Amaranth (Palmeri amaranth) rasant aus und hat die Erzeuger zu umfangreichen Anpassungsstrategien genötigt. Die haben den versprochenen Vorteil gentechnisch veränderter Baumwolle, die gegen Glyphosat, das als Roundup auf dem Markt gebracht wird, teilweise zunichte gemacht. Palmer Amaranth, auch Pigweed genannt bzw. Palmer Fuchsschwanz im Deutschen, hat schon zu hohen Verlusten geführt, nachdem die Pflanze Ende 2004 begann, sich rasant im US-Bundesstaat Georgia, später auch in Tennessee, South Carolina, North Carolina, Arkansas, Kentucky und Missouri auszubreiten, wie der französische Fernsehsender France 24 kürzlich berichtete. [1]

Allein in Georgia sind inzwischen 100.000 Acres (40.468,56 Hektar) in 29 der 159 Counties "schwer" befallen. Vor zwei, drei Jahren waren es erst vier Counties, wie der Schattenblick im Dezember 2006 berichtete. [2] Im Jahr 2007 mußten im Bezirk Macon, dem Epizentrum der Amaranth-Pflanze, gut 4000 Hektar aufgegeben werden, wußte der Forscher Alan York von der Staatsuniversität von North Carolina zu berichten. [1]

Bis 2007 hatten wir nur drei betroffene Bezirke, Crockett, Lauderdale und Lake, im Bundesstaat Tennessee und auf der andere Seite des Flusses in Arkansas, sagte der Unkrautexperte Larry Steckel von der Universität von Tennessee auf einer Konferenz für Getreide- und Sojaanbauer in Dyersburg, Tennessee. [3] Da habe er noch gedacht, daß er das Problem bewältigen könne. Aber dann kam das Jahr 2008, und das Unkraut habe sich überall breitgemacht. In zehn Counties auf Hunderten von Feldern in dem Bundesstaat: "Es hat mich echt schockiert, wie schnell sich dieser spezielle Biotyp ausbreitet", so Steckel.

Palmer Amaranth ist eine genügsame Pflanze; sie gedeiht auch dann zwischen Baumwolle, Mais, Soja, etc. wenn diese Nutzpflanzen unter Dürrestreß stehen. Darüber hinaus zeichnet sich das "Unkraut" durch eine enorme Vermehrungsfreudigkeit aus. Eine einzige Mutterpflanze kann im Laufe einer Saison 450.000 Samen produzieren, wenn sie mit Baumwolle konkurriert. [4] Die Pflanze kann bis zu drei Meter groß werden und dadurch allen anderen Pflanze in seiner Umgebung das Licht nehmen.

In einem Interview mit France 24 räumte der technische Entwicklungsdirektor des Biotechkonzerns Monsanto, Rick Cole, ein, daß tatsächlich das Problem der Resistenzentwicklung bei sogenannten Superunkräutern besteht, aber daß es in den Griff zu bekommen sei. Er empfiehlt den Landwirten, Wechselfruchtanbau zu betreiben und verschiedene Herbizide zu verwenden. Forscher der Universität von Georgia empfehlen sogar, die befallene Fläche tief umzupflügen, um die Ausbreitung der Amaranth-Pflanze zu begrenzen. "Anbauer, die resistente Palmer amaranth haben, müssen aggressive Managementprogramme anwenden. Noch wichtiger, Anbauer, die keine Resistenz haben, müssen sein Auftreten verzögern, weil es keine ökonomischen Programme gibt, um mit diesem Unkraut in der Baumwolle zurechtzukommen", schrieben die Forscher. [4]

Ein Tipp des in Kansas ansässigen Weltkonzerns Monsanto an die Landwirte lautet, daß sie Glyphosat mit älteren Herbiziden wie 2,4-D mischen. Diese chemische Verbindung haben die Amerikaner während des Vietnamkriegs Entlaubungsmitteln wie Agent Orange beigemischt. In Schweden, Dänemark und Norwegen ist 2,4-D verboten. Die Resistenzentwicklung gegen Glyphosat hat Monsanto nicht überrascht, kritisiert die britische Soil Association. Das beweise die Anmeldung eines Patents auf die Mixtur aus Glyphosat und 2,4-T im Jahre 2001, mit der glyphosatresistente Unkräuter bekämpft werden sollen. Der Konzern profitiere von einem Problem, das er selbst geschaffen habe. [1]

Das Resistenzproblem scheint so groß geworden zu sein, daß einige Farmer wieder zu konventioneller Saat zurückgekehrt sind. France 24 berichtet von Alan Rowland aus Dudley in Missouri. Er hatte einst 80 Prozent seiner Sojafelder mit gentechnisch veränderten Arten bewirtschaftet und hat diesen nun den Laufpaß gegeben. Einige Landwirte folgen diesem Trend, andere nicht. Es ist eine Frage der Kosten und der Bereitschaft, sich immer neuen Anbaubedingungen zu unterwerfen, die einer Technologie geschuldet sind, die prioritär nicht entwickelt wurde, um den Landwirten ein höheres Einkommen oder gar der Menschheit aus der Hungerkrise zu helfen, sondern dem Chemieriesen Monsanto und anderen Konzernen zu satten Profiten zu verhelfen. Mit dem Verkauf von Glyphosat machen die Unternehmen hohe Umsätze. Die Resistenzentwicklung kommt Monsanto sogar entgegen, da es neue Herbizid-Mixturen verkaufen kann. Noch überwiegt weltweit der konventionelle Anbau den gentechnischen bei weitem, doch holen die Biotechkonzerne auf, was die Gefahr neuer Resistenzentwicklungen nach sich zieht.


*


Anmerkungen:

[1] "'Superweed' explosion threatens Monsanto heartlands", France 24, 19. April 2009
http://www.france24.com/en/20090418-superweed-explosion-threatens-monsanto-heartlands-genetically-modified-US-crops?pop=TRUE

[2] GENTECHNIK/247: Chemiecocktail Glyphosat fördert resistente Unkräuter (SB)

[3] "Pollen spread of resistant pigweed", Deltafarmpress.com, 2. April 2009
http://www.deltafarmpress.com/cotton/resistant-pigweed-0402/index.html

[4] "University of Georgia Herbicide Programs for Controlling Glyphosate-Resistant Palmer Amaranth in 2009 Cotton", University of Georgia Weed Science Homepage, Zugriff am 30. April 2009
mulch.cropsoil.uga.edu/weedsci/HomepageFiles/Palmer2009.pdf

30. April 2009