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KLIMA/535: Vulkanismus vs. Erderwärmung - Aerosole sorgten für Abkühlung (SB)


Auswirkungen der menschengemachten Treibhausgase durch vulkanische Aktivitäten etwas gemildert



Die Erde erwärmt sich weniger stark als angenommen. Seit 1998 gibt es in den Berechnungen der Wissenschaftler eine Diskrepanz zwischen der erwarteten und der tatsächlich gemessenen globalen Durchschnittstemperatur. Dabei werden die Erwartungen mit der starken Zunahme menschengemachter Treibhausgase begründet, was eigentlich zu noch höheren Temperaturen hätte führen müssen. Nicht, daß sich die Erde seit Beginn des Jahrhunderts abgekühlt hätte. Im Gegenteil, dreizehn der vierzehn wärmsten Jahre seit Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen liegen im neuen Millennium. Dennoch: die Erwärmung hat sich überraschend verlangsamt.

Nun hat eine Forschergruppe aus den USA und Kanada Berechnungen angestellt, mit denen sie einen Teil jener Diskrepanz erklären will. Schwefelpartikel, die durch vulkanische Aktivitäten freigesetzt wurden, haben die Sonnenstrahlen ins Weltall reflektiert, bevor sie auf die Erde treffen und diese erwärmen konnten. Bis zu 15 Prozent der ausgebliebenen Erwärmung könnten durch jene Aerosole verursacht worden sein, berechneten die Forscher auf der Basis von Satellitenmessungen und Klimamodellen. Die Studie wurde diese Woche im Journal "Nature Geoscience" vorgestellt. [1]

Demnach muß die Menschheit froh sein, daß die von ihr produzierte Wärme dank verschiedener Mechanismen "abgeleitet" wird. Abgesehen von der Reflektion der Sonnenenergie durch Aerosole versank ein weiterer Teil der "fehlenden" Wärme in den tieferen Regionen der Weltmeere. Außerdem hat auch die Sonne nicht ganz so viel Energie abgegeben wie in den Jahren zuvor.

Seit dem Jahr 2000 waren auf der Erde zwar keine größeren Vulkane ausgebrochen, dafür aber fast zwanzig kleinere, die die Erde geringfügig abdunkelten und für Kühlung sorgten. Im Jargon der Wissenschaftler gesprochen: Festgestellt wurden "statistisch signifikante Korrelationen" zwischen "der optischen Tiefe stratosphärischer Aerosole" und der Temperatur in der Troposphäre (untere Atmosphäre) und "kurzwelligen Strömungen an der obersten Atmosphäre".

Als Erklärung für die beobachtete Abschwächung der Erderwärmung hatte die Wissenschaft bislang eher nicht an den Effekt von Vulkanausbrüchen gedacht, weil seit 2000 keine größeren Vulkane mehr eruptiert waren. Das letzte vulkanische Großereignis fand 1991 mit dem Ausbruch des Mount Pinatubo auf den Philippinen statt. Die damals freigesetzten Aerosolwolken waren besonders schwefelhaltig und besaßen einen klar meßbaren, globalklimatischen Abkühlungseffekt.

Die Auswirkungen kleinerer Vulkanausbrüche zu messen ist nicht so einfach - ein weiterer Grund, warum dies vernachlässigt wurde. Auch das ein Grund, warum die Forschergruppe genauere Beobachtungen "eruptions-spezifischer Eigenschaften vulkanischer Aerosole" und ihre "bessere Repräsentation in Klimamodellsimulationen" fordert.

Demnach können die Menschen froh sein, daß in letzter Zeit relativ viele kleine Vulkane ausgebrochen sind, hätte doch die naheliegende Alternative in weltweit stärker gestiegenen Temperaturen und vermutlich schwerwiegenderen Klimafolgen bestanden. Es gibt allerdings keinerlei Garantie dafür, daß die Trends anhalten. Umgekehrt könnte die Sonne wieder an Aktivität zulegen, zur gleichen Zeit der Vulkanismus ausfallen und die Tiefsee weniger Wärme absorbieren. Alles Entwicklungen, die der Mensch nicht im geringsten in der Hand hat. Was er aber machen kann, ist, die Menge an Treibhausgasen nennenswert zu reduzieren. Dem stehen jedoch die gegenwärtigen Produktionsweisen entgegen. Denn wenn eine Wirtschaft nur dann "gesund" ist, wenn sie wächst, bringt der permanente Konsum die Menschen in mehr als nur eine Zwangslage.

Man könnte als Maßnahme gegen die Erderwärmung natürlich auch künstlich Schwefelpartikel in die Atmosphäre einbringen, was für die an so einem Langzeitprojekt beteiligten Unternehmen sicherlich ein ausgezeichnetes Geschäftsmodell abgibt. Experten raten allerdings von solchen Experimenten des Geoengineerings ab, solange eigentlich niemand weiß, welche Kollateralschäden dadurch ausgelöst werden. Solche Vorschläge erwecken daher den Eindruck, als solle der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden: Um weiterhin Kohlendioxid in die Atmosphäre zu entlassen, sollen sozusagen als Draufgabe auch noch großflächig Schwefelpartikel verteilt werden.


Fußnoten:

[1] http://www.nature.com/ngeo/journal/vaop/ncurrent/full/ngeo2098.html

25. Februar 2014