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RESSOURCEN/079: Sicherheitsrat will Verfügungsgewalt ausweiten (SB)


Beschluß des UN-Sicherheitsrats

Mehr Kontrolle über natürliche Ressourcen


Wem gehören die tropischen Bäume in Liberia? Wer darf das nigerianische Öl fördern und wer nicht? Welche Diamanten sind "blutig", welche angeblich nicht? Diese Fragen sind keineswegs eindeutig zu beantworten, denn eine Antwort hängt allein vom Interesse desjenigen ab, der das Urteil fällt.

Aus der Sicht der massiv von westlicher Entwicklungshilfe zehrenden ugandischen Regierung war der plötzliche Anstieg der Goldexporte nach 1998 sicherlich rechtens, aus der Sicht der Kongolesen hingegen handelte es sich um geraubte Werte: Im August 1998 war das ugandische Militär an der Seite des ruandischen und burundischen in den rohstoffreichen Osten Kongos einmarschiert. Anschließend hat Uganda soviel Gold exportiert, wie die eigenen Minen gar nicht hergeben konnten.

Als in den achtziger Jahren die Regierung Sierra Leones Diamanten exportierte, galten sie noch nicht als "blutig", obgleich in dem westafrikanischen Staat auf breiter Front bittere Armut herrschte, während eine kleine Oberschicht von den Ressourcen des Landes profitierte. Als aber Teile der verarmten Bevölkerung zu den Waffen griffen, einen Bürgerkrieg anzettelten und schließlich die Diamantenfelder besetzten, da wurden die Diamanten plötzlich "blutig" oder "Konfliktdiamanten" genannt - als ob der Konflikt erst mit der Rebellion in Sierra Leone Einzug gehalten hätte!

Diese Beispiele verdeutlichen, daß die Eigentumsordnung keine natürliche, sondern ausschließlich eine menschliche Grundlage besitzt. Letztlich darf sich derjenige Eigentümer nennen, der seinen Anspruch mit welchen Mitteln auch immer gegenüber den Ansprüchen anderer durchzusetzen versteht. Am Ende entscheidet nicht das Recht, sondern allein die Waffengewalt über Besitz oder Nicht-Besitz.

Diese Woche Montag hat der UN-Sicherheitsrat auf Antrag des derzeitigen Vorsitzenden, des belgischen Außenministers Karel de Gucht, beschlossen, dem Weltgremium hinsichtlich der Ressourcenverteilung zu mehr Einfluß zu verhelfen. Es sollte verhindert werden, daß natürliche Ressourcen Konflikte antreiben; als Beispiel wurden die "Blutdiamanten" in Afrika genannt.

Die Vertreter von rund 30 Ländern des Sicherheitsrat suchten und fanden weitgehend Konsens, daß bewaffnete Gruppe daran gehindert werden sollten, mit Hilfe von Rohstoffen (Diamanten, Gold, Erdöl, Holz, Coltan) ihre Bewaffnung zu finanzieren. Die Stellungnahme des UN-Sicherheitsrats ist zwar nicht so scharf ausgefallen, wie es sich einige Mitglieder gewünscht hätten, aber ein Beschluß wie, daß die verhängten Sanktionen des UN-Sicherheitsrat künftig strenger durchgesetzt werden sollten, bergen durchaus das Potential für verschärfte restriktive Maßnahmen gegen Rebellengruppen und Regierungen, die sich der nach kapitalistischen Verwertungsprinzipien angetriebenen Globalisierung verweigern.

So grausam die Bürgerkriege in Sierra Leone, Angola oder Liberia auch waren, es handelt sich um eine willkürliche Zuordnung, wenn einige Diamanten als blutig bezeichnet werden, andere dagegen nicht. Dies soll ein sehr drastisches Beispiel verdeutlichen: Es herrscht ein weltweiter Bürgerkrieg. Offiziell haben 854 Millionen Menschen nicht genügend zu essen. Von diesen sterben Jedes Jahr mehrere Dutzend Millionen. Ist das nicht blutig? Muß nicht jene Ordnung, die zu solche einem Blutfluß führt, aber gleichzeitig mit Diamanten (und andern Rohstoffen) am Leben erhalten wird, als mindestens so verwerflich bezeichnet werden wie ihre "Kinder", also die lokalen Rebellionen?

Zu denjenigen, die den Sicherheitsratsbeschluß abgemildert haben, gehört Jamal Nasser al-Bader, Botschafter Katars bei den Vereinten Nationen. Seiner Meinung nach fällt das Thema "natürliche Ressourcen" nicht in den Kompetenzbereich des Sicherheitsrats. Dieser sollte nicht die Befugnis haben, die Souveränität eines Staates über seine Ressourcen zu beschränken, meinte der katarische Vertreter.

So berechtigt der Einwand auch ist, er kommt viel zu spät. So wurde beispielsweise der Irak jahrelang im Öl-gegen-Lebensmittelprogramm davon abgehalten, über seine natürlichen Ressourcen nach eigenem Gutdünken zu verfügen. Der Vorstoß des belgischen Sicherheitsratsvorsitzenden verdeutlicht eine Tendenz, dem keineswegs nach demokratischen Prinzipien zustandegekommenen Gremium weitere globaladministrative Kompetenzen zuzusprechen.

29. Juni 2007