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RESSOURCEN/126: USA erhöhen Anteil von Ethanol im Treibstoff - Kritik von Umweltschützern (SB)


US-Regierung erlaubt 15prozentige Beimischung von Ethanol zu Treibstoff

Konflikt zwischen Tank und Teller verschiebt sich immer mehr in Richtung Tank


Die US-Regierung will ihre Abhängigkeit von Erdölimporten reduzieren, da fossile Energieträger knapper und teurer werden. Eine der Maßnahmen sieht vor, den Anteil von Ethanol am Treibstoff zu erhöhen. Im Energy Independence and Security Act aus dem Jahre 2007 wird das Ziel ausgegeben, daß im Jahre 2022 das Volumen an "erneuerbaren Treibstoffen" 36 Milliarden Gallonen (136 Mrd. Liter) beträgt. Ethanol wird als erneuerbar definiert, weil es aus Pflanzen oder Abfall gewonnen wird.

Am Mittwoch hat die Umweltschutzbehörde EPA eine Ethanolzumischung von 15 Prozent zum Benzin gestattet. Die Freigabe des neuen Treibstoffgemischs E15 wird teils begrüßt, teils abgelehnt; oftmals verläuft die Grenze zwischen Lobbyverbänden der Biosprit- und Erdölindustrie. Die Umweltschutzorganisation Friends of the Earth steht allerdings nicht im Verdacht, die Interessen der Ölgesellschaften zu vertreten, eher wäre sie der Erneuerbaren-Energiewirtschaft zuzuordnen. Wenn also nun diese Umweltorganisation die EPA kritisiert [1], sie habe das Luftreinhaltegesetz mißachtet und solle eine vollständige Bilanz der Luftverschmutzung, die von dem E15-Gemisch ausgeht, aufstellen, dann sollte die Kritik nicht mit Lobbyismus abgetan werden.

E15 darf in den USA ab sofort für Autos und Kleintransporter ab dem Baujahr 2007 getankt werden. Damit wird die Bestimmung aus dem Jahr 1979, die nur eine zehnprozentige Zumischung erlaubt, hinfällig. 42 Millionen Fahrzeuge bzw. 20 Prozent der Autos und Kleintransporter in den USA kommen für E15 in Frage. Demnächst wird entschieden, ob auch Fahrzeuge vom Baujahr 2001 an für den Treibstoff in Frage kommen. EPA-Administratorin Lisa P. Jackson beruft sich bei ihrem Erlaß unter anderem auf Untersuchungen des Energieministeriums (DOE - Department of Energy), wenn sie erklärt, "umfangreiche" Tests hätten gezeigt, daß E15 nicht die Emissionskontrollausstattung in neueren Autos und Kleintransportern schade. "Wo auch immer solide Wissenschaft und das Gesetz es gestatten, Schritte zur Erlaubnis von einem höheren Anteil an heimisch erzeugten Treibstoffen für die Fahrzeuge der USA zu vollziehen, wird die Administration dies tun." [2]

Die National Association of Clean Air Agencies (NACAA), ein Verband, der die Interessen von Luftkontrollagenturen in 52 Bundesstaaten und Territorien und mehr als 165 größere metropolitane Regionen vertritt, kritisiert ebenfalls die Entscheidung der Umweltschutzbehörde. NACAA-Direktor Bill Becker macht darauf aufmerksam, daß die EPA selbst annimmt, daß die Stickoxidemissionen aus der Verbrennung von E15 landesweit um fünf Prozent zunehmen könnten. Stickoxide fördern die Entstehung von bodennahem Ozon. Solange die Behörde nicht sicher ausschließen könne, daß sich die Luftqualität nicht verschlechtern wird, solle sie den Erlaß außer Kraft setzen, fordert Becker [1].

Kate McMahon, die bei Friends of the Earth die Biosprit-Kampagne koordiniert, bezeichnet die EPA-Entscheidung als "voreilig und unverantwortlich". Es seien noch keine langfristigen Auswirkungen auf die Motoren und die Umwelt durch die erhöhten Ethanolanteile an Treibstoff untersucht worden. Ende November würden zudem die Ergebnisse zu weiteren Versuchen in Hinblick auf die E15-Verwendung in Modellen der Baujahre 2001 bis 2006 erwartet. Im Rahmen der zehntägigen Email-Kampagne "Say NO to Untested E15" hatten mehr als 22.000 Personen an Präsident Barack Obama geschrieben und ihn aufgefordert, der EPA Einhalt zu gebieten, bis daß umfassende, unabhängige und objektive wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen, daß durch höhere Ethanolmengen weder Luftverschmutzung noch Schäden an den Motoren und Verbraucherprobleme zunehmen.

E15 erzeugt bei der Verbrennung höhere Temperaturen, was sich möglicherweise langfristig schädlich auf Leichtmetalle, Kunststoffe und Gummi auswirkt. Das könnte sogar die Unfallgefahr erhöhen, befürchten Kritiker. Auch ist zu bedenken, daß der Energiegehalt des Treibstoffs mit der Höhe des Ethanolanteils abnimmt. Das bedeutet, daß der Treibstoffverbrauch bei gleicher Kilometerzahl steigt. Damit wächst aber auch die Menge an Umweltschadstoffen aus der Verbrennung des Gemischs.

Auch die Mitglieder der National Cattlemen's Beef Association (NCBA) lehnen den EPA-Erlaß ab. [3] Sie machen geltend, daß die Kosten für Futtermittel in den letzten Jahren stark gestiegen sind, und befürchten eine weitere Verteuerung der Preise. Nicht zu unrecht, wie jüngste Entwicklungen zeigen. Das US-Landwirtschaftsministerium hat vor kurzem seine Prognose für die diesjährige Maisernte überraschend gesenkt, was sofort mit einer Preissteigerung für Mais an den Börsen quittiert wurde. [4]

Die Kritik an der EPA hat ihrerseits Kritiker auf den Plan gerufen. Die American Coalition for Ethanol, Growth Energy, die National Corn Growers Association und die Renewable Fuels Association schrieben in einer gemeinsamen Presseerklärung, daß Amerikas Ethanolproduktion eine Erfolgsgeschichte ist, Hunderttausende von Jobs geschaffen und die Abhängigkeit der Nation von ausländischem Erdöl verringert habe. Die Investitionen in Ethanol machten sich bezahlt und würden von den Steuereinnahmen übertroffen, hieß es. Allerdings ist hierzu anzumerken, daß Growth Energy der Handelsverband ist, der eine Petition für die Freigabe von E15 an die EPA geschickt und den Stein ins Rollen gebracht hatte. [5]

In den USA wird Ethanol vorwiegend aus Mais gewonnen. Insofern ist auch zu bedenken, daß hier der Konflikt Teller, bzw. Trog versus Tank zum Tragen kommt. Der globale Biospritboom hat zu einem globalen Preisanstieg bei Futter- und Nahrungsmitteln geführt, daran hat die US-Regierung einen großen Anteil. Im November werden in den USA Kongreßwahlen durchgeführt. Eine Erweiterung des Treibstoffangebots auf E15 dürfte der unter starkem Druck stehenden Obama-Administration einige Wählerstimmen einbringen ...


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Anmerkungen:

[1] "EPA Allows 15 Percent Ethanol Blend, Igniting Air Pollution Battle", Environment News Service (ENS), 13. Oktober 2010
http://www.ens-newswire.com/ens/oct2010/2010-10-13-091.html

[2] "EPA Grants E15 Waiver for Newer Vehicles/A new label for E15 is being proposed to help ensure consumers use the correct fuel", Presseerklärung der EPA, 13. Oktober 2010
http://yosemite.epa.gov/opa/admpress.nsf/0/BF822DDBEC29C0DC852577BB005BAC0F

[3] "NCBA: EPA's Ethanol Waiver Step In Wrong Direction", 13. Oktober 2010
http://www.cattlenetwork.com/NCBAEPA-s-Ethanol-Waiver-Step-In-Wrong-Direction/2010-10-13/Article.aspx?oid=1261360&fid=

[4] "U.S. ethanol shoots up on surprise corn shortfall", Reuters, 8. Oktober 2010
http://www.reuters.com/article/idUSTRE6973K020101008

[5] "Will the New Gasohol Recipe Sell?", Matthew L. Wald, 14. Oktober 2010
http://green.blogs.nytimes.com/2010/10/14/will-the-new-gasohol-recipe-sell/?partner=rss&emc=rss

14. Oktober 2010