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BERICHT/054: Rohstoff maritim - Flickenlupe Forschung (SB)


Internationaler Workshop zu den mineralischen Ressourcen des Meeresbodens vom 18. bis 20. März 2013 in Kiel

Systematische Meeresbergbau-Forschung oder Forschung gegen den Strom?
Abschließende Gedanken und Fragen



Learning by doing?

Professor Dr. Colin W. Devey, derzeit Professor für "Dynamik des Ozeanbodens" am GEOMAR und einer der Vorsitzenden des Workshops "Seafloor Mineral Resources: scientific, environmental, and societal issues" (Mineralische Ressourcen des Meeresbodens: wissenschaftliche, umweltbezogene und gesellschaftliche Fragen) brachte den Sinn der Veranstaltung am Ende mit seinem persönlichen Fazit auf den Punkt, als er eine scheinbar flehentliche Bitte an die marine Bergbauindustrie richtete: "Mine it, please!!" (zu deutsch: Fördert es doch, bitte!). Mit "es" gemeint waren hier die drei wesentlichen, für künftigen Meeresbergbau vorgesehenen, mineralischen Rohstoffe Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfide an Hydrothermalquellen, um die es drei Tage lang im Marco Polo Saal des Steigenberger Conti Hansa Hotels in Kiel ging.

Die 'Peace in Afrika', ein speziell für den Diamantenabbau konzipiertes Förderschiff - Foto: 2006 by Gary, freigegeben via Wikimedia Commons als CC-BY-SA 2.0 Generic Lizenz

Aufbruchstimmung: 'Mine it, please!'
Unterwasserbergbau findet nicht nur unter Wasser statt. Förderschiffe, Plattformen und unterseeische Technologien machen die unendlichen Weiten der Hohen See zum Industriegebiet.
Foto: 2006 by Gary, freigegeben via Wikimedia Commons als CC-BY-SA 2.0 Generic Lizenz

Seine Schlußfolgerungen aus Vorträgen und Diskussionen des Workshops:
- Was die Forschung und Wissenschaft um den Tiefseebergbau betrifft, so kann nichts besseres passieren, als daß endlich mit der Förderung begonnen wird, um viele anstehende Probleme in der Praxis zu studieren.
- Natürlich gibt es immer noch gravierende technologische und ingenieurstechnische Schwierigkeiten zu meistern (speziell beim Abbau von Manganknollen).
- Es gibt offenbar noch andere Arten von Vorkommen und mehr Ressourcen, als die, von denen die ISA (International Seabed Authority, die UN-Meeresbodenbehörde in Kingston, Jamaika) bisher ausgegangen ist.
- Die Ressourcenkrise ist längst noch nicht so schlimm, wie es der Markt gerne hätte.
- In der immer noch weitestgehend unerforschten Tiefsee gibt es noch sehr viel Neues zu entdecken.

Dies sprach den überwiegend wissenschaftlich orientierten Zuhörern aus den Herzen, denn jeder dieser Punkte verspricht neue Forschungsaufgaben. Noch nie sei das Thema derart umfassend und ausführlich behandelt worden, war die einhellige Meinung der Teilnehmer, die noch lange in kleinen Gruppen eigene Problemstellungen miteinander diskutierten.

Bei der Vorstellung eines etablierten Bergbaus unter Wasser drängen sich allerdings auch Fragen auf, die hier nicht angesprochen wurden.

Das spontane Bekenntnis eines führenden Wissenschaftlers auf dem Gebiet des Meeresbodenbergbaus scheint durchaus die unausgesprochene Übereinkunft unter der eingeschworenen Gemeinschaft der Wissenschaftler und Experten wiederzugeben, ausstehende Wissenslücken nun endlich durch ein "Learning by doing" zu schließen. Das hieße aber auch, mit dem Erschließen mariner mineralischer Rohstoffe, die oftmals einen hohen Gehalt an Edelmetallen aufweisen und somit für die Metall- und Elektroindustrie von großem Interesse sind, den Schritt in eine Richtung zu wagen, über die der Mensch bisher nur sehr wenig Kontrolle besitzt. Und der mit unberechenbaren Konsequenzen verbunden sein wird, die nicht nur jene Menschen oder Maschinen betrifft, die unter einer kilometerhohen Wassersäule Explorations- und Exploitationsarbeit ausführen werden, sondern auch das Wasser, den Meeresboden und die benthische (auf dem Meeresboden lebende) Tier- und Pflanzenwelt, die sich unter unwirtlichen Bedingungen im Laufe von Jahrtausenden oder -millionen entwickelt und spezialisiert haben. [1]

"Umweltmanagement", "verantwortungsbewußtes Handeln" und der nachhaltige Umgang mit den Lebensräumen der Unterwasserwelt schienen unter den in Kiel versammelten Forschern, Umweltschützern, Industrievertretern, Wirtschaftsexperten und Seerechtsspezialisten durchaus omnipräsent zu sein. In keinem der Vorträge wurde auf die Erwähnung des im englischen Sprachgebrauch lautmalerisch an Detonation und Einschlag erinnernden "environmental impact" (deutsch: Einschlag, hier aber: Folge, Auswirkung) bei der Beschreibung der anvisierten Vorhaben verzichtet, aber ohne eine dem Wortlaut angemessene Resonanz hervorzurufen.

NOAA Ocean Explorer, Image courtesy of K. Iken, UAF

Auch in der Arktik von der Zivilisation bedroht. Ein Octopus, gefangen in einem Schleppnetz.
Russian-U.S. Arctic Census 2012
Foto: NOAA Ocean Explorer, Image courtesy of K. Iken, UAF.


Begründete Gelassenheit oder Standpunktfrage?

Die Zuversicht, mit der also Meeresbergbau-Experten, Wissenschaftler, aber auch Umweltschützer einer zukünftigen Ausbeutung der Tiefsee entgegensehen, hat durchaus Gründe, wenn sich diese auch, je nach Standpunkt und vorherrschendem Interesse, unterscheiden:

- Zum einen glaubt man allgemein, Tiefseebergbau sei maschinell so aufwendig, daß man nur darauf zurückgreifen wird, wenn es sich wirtschaftlich lohnt, d.h. tatsächlich eine anders nicht zu brückende Versorgungslücke entsteht. Diese Hoffnung wird vor allem von Meeresbiologen und Wissenschaftlern geteilt, die noch lange vom Artenreichtum des Meeres zehren wollen und die speziellen chemischen und biologischen Verhältnisse genau erforschen möchten.

- Zweitens glauben Befürworter des Meeresbergbaus den Gutachten und den oft von Bergbauunternehmen geförderten Studien, mit hochtechnologischen Konzepten einen angeblich umweltfreundlichen und ökologisch nachhaltigen Abbau und eine Minimierung der Schäden garantieren zu können. Ob im Hinblick auf die vielen ungeklärten Fragen eine Minimierung von Schäden von der Unterwasserwelt getragen werden kann, ist eine Standpunktfrage:

- Denn vor allem unter Befürwortern wird immer noch die Ansicht vertreten, das Leben in der Tiefsee hätte sich im Verlauf seiner Evolutionsgeschichte als ausreichend robust und anpassungsfähig erwiesen, daß es auch die begrenzte Belastung durch Unterseebergbau durchaus "wegstecken" könnte. Dazu schrieb Michael Slezak praktisch zeitgleich zu der Veranstaltung in Kiel im NewScientist am 19. März 2013 [2], die Bergbauunternehmen hielten den Abbau von Manganknollen für ökologisch vertretbar. Experten wären sich dagegen nicht so sicher. Um das zu unterstreichen, zitiert Slezak darin auch Charitha Pattiaratchi von der Westaustralischen Universität, der die Ausmaße des Umweltschadens in der Tiefsee für gering hält und dies mit Beobachtungen an aktiven Bohrplattformen in niedrigeren Wassertiefen begründet:

A month after drilling ended, wildlife had recovered to the point that he could not distinguish areas that were drilled from areas that were not. [Einen Monat nach Stilllegung der Ölförderung wären die Meeresbewohner zurückgekommen und das Ökosystem nicht mehr von Gebieten zu unterscheiden gewesen, in denen keine Förderung stattgefunden hatte. Übers. SB-Red. [2]]

- Die auch auf dem Workshop ebenfalls diskutierte und von Bergbauunternehmen vertretene Behauptung "They will come back" [1, 1a] wird dabei nicht allein mit der Regeneration von Ökosystemen verbunden (bei denen es sich auch nicht um die gleichen Tiere und Lebensformen handeln kann), sondern z.B. im Falle der aktiven hydrothermalen Quellen auch mit der sehr langsamen Neubildung und Sedimentation der mineralischen Ressourcen.

Eine Seeanemone wird mit Hilfe des 'Kraken II Manipulators' als Probe eingesammelt - Foto: 2012 by NOAA, Image courtesy of the Deepwater Canyons 2012 Expedition, NOAA-OER/BOEM

Robust? Die Tiere der Tiefsee haben sich bis in den subzellulären Bereich durch Erhöhung ihres Innendrucks an die Situation angepaßt. Am druckresistentesten sind Seerosen und Seesterne. Deshalb werden sie unter veränderten Verhältnissen nicht überlebensfähiger.
Foto: 2012 by NOAA, Image courtesy of the Deepwater Canyons 2012 Expedition, NOAA-OER/BOEM

- Schließlich scheint die Tatsache, daß ein Großteil der für den Meeresbergbau anvisierten Ressourcen außerhalb der nationalen Hoheitsgewässer und Wirtschaftszonen der Länder und damit in Gebieten der sogenannten "hohen See" vorkommen und von einer hohen Wassersäule abgeschirmt werden, auszureichen, daß sich die breite Öffentlichkeit bisher noch wenig von den neuen unterseeischen Verwertungsansprüchen betroffen fühlt.

- Während die an Meeresbergbau interessierte Gemeinschaft sich vor besorgten Umwelt- und Meeresschützern mit dem Glauben rechtfertigt, durch ein ausreichendes Umweltmanagement sowie umsichtiges Handeln und "Beste Praxis" seien Unfälle und menschliches Versagen weitgehend auszuschließen, so daß keine gesundheitlichen Bedrohungen, Defizite oder Einschränkungen für die menschliche Lebensgewohnheit entstehen könnten.

Was man darunter im einzelnen verstehen muß, und was letztlich die beste Verfahrenspraxis (also gewissermaßen internationale "Best Mining practices") zur Minimierung von Umweltschäden ist, kann sich aber erst in der Praxis erweisen, da es bisher noch keinen Bergbau in der Tiefsee gibt und somit auch keinerlei Praxis, weder gut noch "best". (Weshalb ja die Wissenschaft an solcherlei Praxis großes Interesse hat, "Mine it, please!")

Ersatzweise werden bereits zur Exploration, aber auch zur späteren Exploitation, Verhaltenscodices empfohlen, die sich teilweise aufeinander, aber immer auf den derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand berufen und deren Befolgung zum größten Teil freiwillig und nie vollständig bindend ist.

Die Bemühungen der eigens geschaffenen Meeresbodenbehörde endeten in einem Mining Code, einer Vereinbarung zum verträglichen Abbau dieser Meeresressourcen. Laut der Webseite der Meeresschutzorganisation Deepwave [3] wird das Fehlen verbindlicher Regeln für sämtliche im Ozean vorhandenen Ressourcen, beispielsweise auch zur Erforschung von Leitsubstanzen und genetischen Rohstoffen sowie zur Erhaltung der Artenvielfalt, beanstandet. [3] Viele Meeresbiologen wünschen sich ein UN-Hochseeschutzabkommen.


Viele gute Vorschläge verhindern keinen Supergau

Für die anderen wirtschaftlich nutzbaren mineralischen Rohstoffe gibt es hinsichtlich des Explorierens von Vorkommen am Mittelozeanischen Rücken oder an chemosynthetischen Lebensräumen unter anderem den "InterRidge Codes of Conduct". Angelehnt an dieses Vorbild sollen der IMMS Code for Environmental Management of Marine Mining, das Vorsorgeprinzip, wie es als "Grundsatz 15" in der Rio Deklaration angeführt wird, oder die "GUIDELINES FOR CHEMOSYNTHETIC ECOSYSTEM RESERVES" (in Dinard von Vertretern der ISA festgelegte Richtlinien bei der Untersuchung von Resourcen in chemosynthetischen Ökosystemen, die in den Empfehlungen der ISA (hier: Technical Study: No. 9) aufgenommen wurden) [4] Vorschläge für einen verträglichen Abbau und vorbildliches Umweltmanagement für den späteren Abbau bieten.

Würden diese Vorschläge umgesetzt, könnten immer noch nicht alle mit dem Meeresbergbau verbundenen Umwelteinflüsse ausgeschlossen werden. Sie lassen sich aber nach derzeitigem Kenntnisstand möglicherweise minimieren, während entstandene Schäden mit Hilfe kostspieliger Umweltschutz- oder Umweltrehabilitierungsmaßnahmen ausgesteuert werden.

Und schließlich gilt mit gewissen Zugeständnissen an das "absolut nicht Vorhersehbare" das Verursacher-Prinzip [5]. Laut einem Urteil des Internationalen Seegerichtshofs vom 1. Februar 2011 sollen Tiefseebergbau-Konzerne in vollem Umfang für auftretende Umweltschäden haftbar gemacht werden.

Damit könnte ein Abweichen von den bisher noch nicht wirklich festgelegten "Best Practices" teuer [5] und schmerzhaft werden, was explorierende Bergbaukonzerne motivieren soll, den vorgeschlagenen Verhaltenscodices zu folgen. Allerdings beinhaltet das Verursacher-Prinzip bereits die Ausnahme. Wenn nämlich im Verantwortungsbereich eines Unternehmens ein derart großer Schaden entsteht (beispielsweise ein nach heutigem Kenntnisstand unvorhersagbarer Unterwasser-Gau), so daß der wirtschaftliche Verlust für das Unternehmen nicht tragbar wäre, muß die Allgemeinheit dafür aufkommen.

Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie hoch solche Rechnungen bei scheinbar geringfügigen Fehleinschätzungen ausfallen können, muß man nicht einmal Supergaus wie die Kernschmelzen in den Atommeilern von Tschernobyl oder dem jüngsten, von Erdbeben und Tsunami begleiteten nuklearen Gau in Fukushima bemühen. Seit Beginn der Industrialisierung hat der Mensch von scheinbar harmlosen bis gesundheitsgefährlichen Chemikalien Dreck und Staub in die Atmosphäre entsorgt und damit globale Veränderungen eingeleitet, für welche die Allgemeinheit bzw. mehr oder weniger jeder einzelne in naher Zukunft die Rechnung erhält. Allein der durch Treibhausgase ausgelöste Anstieg einer globalen Durchschnittstemperatur mit Folgen wie steigende Meeresspiegel, Gletscherschmelzen, Verschiebung von Klimazonen, Vegetationszonen und Lebensräumen, Veränderungen der Niederschläge, häufigeres Auftreten von Wetterextremen wie Überschwemmungen oder Dürren, Ausbreitung von Parasiten und tropischen Krankheiten und immer mehr Menschen, die aus diesen Gründen ihr Lebensumfeld verlassen müssen, um dann woanders als "Umweltflüchtlinge" zu einem weiteren Folgeproblem zu werden, zeigt doch, daß wohl die Verursacher noch am wenigsten dafür "haften".

Vor diesem Hintergrund scheinen die vorgeschlagenen Verhaltensregeln, die im Rahmen des Workshops auch als "environmental approach", auf deutsch "Umweltansatz", bezeichnet und mit denen verantwortliches Handeln gegenüber dem Leben unter Wasser gleichgesetzt wurden, in einem anderen Licht. Und man fragt unweigerlich nach möglichen Risiken, an die man bisher nicht gedacht hat, oder Zusammenhänge, die man bisher noch nicht zu erkennen in der Lage ist, die aber sehr wahrscheinlich in Erscheinung treten, wenn sich Menschen über den Bereich des kontrollierbaren Zugriffs hinausbewegen.

Als beispielsweise der französische Meeresforscher Jacques Piccard mit seinem amerikanischen Kollegen Don Walsh und dem U-Boot "Trieste" am 23. Januar 1960 den heute noch gültigen Tiefseetauchrekord mit einfachsten Mitteln aufstellte, und ohne Motor, nur mit einer Ladung Benzin bis auf den Boden des Marianengrabens 10.916 Meter abtauchte, barst eine ihrer Außenluken durch den extrem hohen Wasserdruck von etwa 1100 bar (und hätte beinahe ihre Rückkehr in Frage gestellt), die aber für genau diesen Zweck konstruiert worden war.

Drei im Vergleich zu einem Original-Styroporbecher sehr verkleinerte, verformte Becher, die einer Wassersäule von 1000 Metern (100 bar) ausgesetzt waren - Foto: 2012 by NOAA. Image courtesy of the Deepwater Canyons 2012 Expedition, NOAA-OER/BOEM

Impact des Environment oder: Die Umwelt schlägt zurück - Der Wasserdruck nimmt pro 10 Meter Tiefe um ungefähr ein bar zu. Die Tiere der Tiefsee sind durch Erhöhung ihres Innendrucks an die Situation angepasst - diese Styroporbecher, die bei einer Tauchfahrt mitgeführt wurden, waren es nicht.
Foto: 2012 by NOAA. Image courtesy of the Deepwater Canyons 2012 Expedition, NOAA-OER/BOEM

Aus etwa ein Prozent Wissen um die Natur der Tiefsee läßt sich nur schwer ableiten, was ein Unterwasserbergbau für Folgen auf den gesamten marinen Lebensraum haben könnte.


Vom Großen ins Detail: Fallbeispiel Manganknollen

Im Rahmen einer durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Expedition sollte mit dem deutschen Forschungsschiff "Sonne" im Frühjahr 2010 unter anderm die Entstehungsgeschichte der Manganknollen untersucht werden. [7] Über diese Ressource gibt es daher die genauesten, wenngleich immer noch recht lückenhaften Untersuchungen. Die merkwürdigen, faustgroßen, an einen dunkelbraun-schwarzen Blumenkohl erinnernden, metallischen Knollen finden sich in fast allen Tiefsee-Ebenen der Weltmeere, wo sie, wie man seit den ersten wissenschaftlichen Erkundungen mit eigens zu diesem Zweck gebauten Forschungsschiffen weiß, pflasterartig unterhalb der Kalklösungsgrenze des Meerwassers (Calc compensation depth, CCD) zwischen etwa 4000 und 5000 Meter Wassertiefe auftreten. [8]

Rauhe Oberfläche, metallischer Kern, eine 1982 aus dem Pazifik gewonnene Manganknolle - Foto: 2004 by Koelle on Wikipedia, freigegeben via Wikipedia als CC-BY-SA 3.0 Unported Lizenz

Manganknolle, daß ihre Entstehungsgeschichte und Funktion für das Meer nicht vollständig geklärt ist, schützt sie nicht vor der Verwertung
Foto: 2004 by Koelle on Wikipedia, freigegeben via Wikipedia als CC-BY-SA 3.0 Unported Lizenz

Manganknollen sitzen, wie auf dem Kieler Workshop u.a. der Manganknollenexperte Dr. Gerd Schriever vom BIOLAB Forschungsinstitut in seinem Vortrag [9] deutlich machte, auf extrem lockerem Grund. Das heißt, daß bei ihrem Abbau große Mengen an Sedimenten zwangsläufig aufgewirbelt werden. Die Auswirkungen eines Manganknollenbergbaus auf die ohnehin bereits stark beeinträchtigte maritime Biodiversität können somit erheblich sein, wie sich laut Dr. Schriever an den Spuren der ersten Förderversuche 1978 im Zentralpazifik gezeigt hat. Mithilfe eines Saugers und Kreiselpumpen, die Knollen vom Boden sammelten und mitsamt Sediment auf ein Förderschiff pumpten, wurden diese Versuche durchgeführt. Noch 35 Jahre nach dem "Pilot-Mining-Test" sieht man die Spuren, die diese Förderung verursacht hat. Organismen wie Schwämme und Korallenbänke wurden beim Absetzen des Sediments erstickt, Sauger hinterließen tiefe Furchen im Meeresboden, Bodensediment und benthische Fauna wurden komplett zerstört. Darüber hinaus wurden die Sediment-Tailings (der restliche Dreck), den man beim Reinigen der Knollen auf der Plattform erzeugte, wieder ins Meer geschüttet. Die trübe, aber nährstoffreiche Wolke nahm den lokalen Lebewesen das Licht und führte an anderen Stellen zu unerwartetem Algenwachstum.

Solchen Umweltauswirkungen will man mit neuen, vermeintlich schonenden, technisch hochaufwendigen Abbaukonzepten begegnen. Führend ist hier die Aker Wirth GmbH, die bereits Erfahrungen beim marinen Diamantenabbau vor Afrika gesammelt hat. Ihre hochtechnologische Alternative besteht am Meeresboden u.a. aus 17 Meter breiten und 250 Tonnen schweren Kollektorsystemen, mit denen die Knollen (ähnlich wie das Korn) von "Mähdreschern" geerntet, vom Sediment (Spreu) gereinigt und dann mittels Airlift-System in das Begleitschiff verfrachtet werden. Das abgetrennte Sediment wird direkt auf den Meeresboden zurückverklappt. Auf diese Weise will man die Sediment-Tailings im Wasser vermeiden, die sonst vom Schiff geschüttet würden, hat dafür aber den ganzen Wirbel in den unteren Wasserschichten. Ob der bisher nur in geringeren Wassertiefen erprobte Schlauch des Airlift-Systems den unterschiedlichen Strömungen in sechs Kilometern Wasserhöhe standhalten wird, muß sich ebenfalls erst in der Praxis erweisen.

a) Mithilfe von Echoloten wird ein Tiefenprofil des Meeresbodens erstellt. b) Ferngesteuerte Tauchroboter (Remotely Operated Vehicles, ROV) sind mit Kameras und Greifarmen ausgestattet. Damit nehmen sie Bilder vom Meeresboden auf und sammeln Gesteinsproben ein. c) Autonome Unterwasserfahrzeuge können tief zum Meeresboden hinabtauchen. d) Für die Großprobennahme wird hinter dem Schiff ein Metallkäfig (Dredge) hergeschleppt, der mehr Material fassen kann als ein Greifer. e) Mit Multisonden können in verschiedenen Tiefen Wasserproben genommen sowie chemische und physikalische Parameter gemessen werden. f) Mit Greifern können vom Schiff aus Einzelproben genommen werden. - Grafik: © 2010 by maribus, Quelle World Ocean Review 1, mit freundlicher Genehmigung des Verlags Maribus

Auch Forschung hinterläßt Spuren. Von wirtschaftlich ausgerichteten Abbaukonzepten kann man noch weniger erwarten, daß sämtliche umweltrelevante Faktoren berücksichtigt werden.
Grafik: © 2010 by maribus, Quelle World Ocean Review 1, mit freundlicher Genehmigung des Verlags Maribus


Vergessene oder unhinterfragte Problemstellungen

Die Ergebnisse einer früheren Analyse von Prof. Dr. Hjalmar Thiel [10] und dem Forschungsverbund TUSCH [3] scheinen in den neuartigen Konzepten nicht vollständig berücksichtigt worden zu sein. Danach würden die gewaltigen Erzmengen, die man, um wirtschaftlich zu arbeiten, fördern müßte, eine nachhaltige oder schonende Vorgehensweise von vornherein zum Scheitern verurteilen: Nach heutigen Schätzungen müßten dafür etwa 5.000 Tonnen Manganknollen (nass) pro Tag und Unternehmer gefördert werden. Geht man von nur einer Förderplattform und einem am Meeresboden arbeitenden Kollektorsystem aus, so wäre von einer solchen Einheit (zwei Kollektoren) und einer Belegungsdichte von mindestens 5 Kilogramm Manganknollen pro Quadratmeter etwa ein Quadratkilometer des Meeresbodens direkt täglich betroffen. Dabei würden unweigerlich zweimal 104 (also 208) Kubikmeter Tiefseesedimente bewegt. Die Webseite "Deepwave" [3], die dem Meeresbergbau kritisch gegenübersteht, gibt die Ergebnisse der Studie des Forschungsverbunds Tiefsee-Umweltschutz (TUSCH) folgendermaßen wieder, der damit seinerzeit eine berechtigte Sorge um die marine Umwelt im Falle eines Manganknollenbergbaus postulierte:

Die Schäden auf und im Meeresboden als Folge der direkten Arbeiten der Kollektorsysteme sind während der Gewinnung praktisch unvermeidbar. Die Beeinträchtigung des benthischen Ökosystems hängt wesentlich von der Konstruktion des Kollektors, seines Trägerfahrzeuges und der Eindringtiefe des Gesamtsystems in den Meeresboden ab. Die Bodensedimente werden zerwühlt, zerquetscht und umgelagert, wobei gleichzeitig ein gewisser Anteil in der Wassersäule resuspendiert. Auf der Spurbreite des Kollektors werden die Organismen am schwersten beeinträchtigt. [3]
Da bekanntlich die größte Organismendichte in den ersten Zentimetern des Tiefseebodens erreicht wird, ist auch bei geringen Eindringtiefen der Kollektoren die Störung der Lebensgemeinschaft im direkten Einflussbereich der Abbausysteme gravierend. [3]

Weiter wurde hierin angemerkt wie wenig untersucht die bereits beschriebenen Folgen der Sedimentwolke beim Verklappen des Abraums auf das Zoo- und Phytoplankton sind. Was jedoch direkt am Meeresboden durch die gleiche Sedimentwolke ausgelöst wird, wenn - wie es alternative Konzepte vorschlagen - die Knollen bereits im Kollektor gereinigt und von Sediment befreit werden, wurde bisher noch weniger analysiert.


Auch kleinste Veränderungen können massive Folgen haben...

Selbst wenn diese im minimierbaren Bereich liegenden Umweltschäden (lokale Zerstörung der Lebensgemeinschaft und des Lebensraums im direkten Arbeitsbereich der Kollektoren) durch bessere Abbaugeräte eingegrenzt werden können, werden in der gleichen Studie auch nicht vermeidbare Veränderungen der chemischen und oxidativen Verhältnisse beschrieben, die durch vermehrte geo- und biochemische Stoffumsetzungen wie eine erhöhte Sauerstoffzehrung (erhöhter Sauerstoffverbrauch bis hin zu Sauerstofflöchern) hervorgerufen werden könnten:

Die Veränderungen am Boden beeinflussen auch das chemische Milieu, ein neues Redox-System stellt sich ein und eine zusätzliche Adsorption und Mobilisierung von Spurenelementen oder Schwermetallen ist möglich. Die generell sehr geringen Sedimentationsraten und die relativ kleinen Strömungsgeschwindigkeiten haben zur Folge, daß die Spuren der Kollektoren lange Jahre nach der Gewinnung sichtbar bleiben. [3]

Darüber hinaus könnte laut Michael Slezak (NewScientist) und der von ihm zitierten Joanna Parr vom Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation in Sydney, Australia, ein sehr viel gravierenderes Risiko darin bestehen, daß sich durch den Meeresbergbau, genauer durch das veränderte Profil des Meeresbodens (seine Topographie), die Strömungsverhältnisse verändern. [2]

Umwelt- und Meeresschützer sorgen sich um die Makroflora und -fauna des Meeresbodens, die durch solche Veränderungen betroffen sind. Weniger wird allerdings an die Meio-, Meso- oder Mikroorganismen (nach Größenordnungen sortiert) gedacht, die man gemeinhin für leichter regenerierbar oder austauschbar hält. In den noch nicht erforschten Bereichen der Tiefseemikro- und -meiowelt könnten aber spezielle Organismen durchaus wichtige und möglicherweise stark unterschätzte Funktionen für das Ökosystem übernommen haben.

So wurde erst vor kurzem die Rolle von Mikroorganismen (bestimmte Bakterienarten mit zusätzlicher, sogenannter S-Layer-Proteinschicht [11]) bei der Entstehung von Manganknollen diskutiert, die mit ihrem Stoffwechsel für die Mineralisation (d.h. das Knollenwachstum) zuständig sind. Darüber hinaus sind die chemischen Bedingungen unterhalb der Kalklösungsgrenze wie auch die Strömungsverhältnisse am Meeresboden, durch welche die gelösten Mineralien zu den Zentren der "Knollenbildung" spülen, maßgeblich wichtig für ihr Wachstum. Das sind allerdings auch genau die Prozesse, die durch den menschlichen Zugriff auf die Ressourcen am Meeresboden verändert, verhindert oder ganz ausgelöscht werden.

Eines der einschlägigsten umweltrelevanten Argumente der Tiefseebergbau-Industrie, mineralische Ressourcen würden sich - wenn auch über einen sehr langen Zeitraum - irgendwann wieder zurückbilden, scheint bereits angesichts dieser minimalen Veränderungen beim Abernten von Manganknollenfeldern in Frage gestellt.

Filigrane Algen akkumulieren in ihren Kalkpanzern die im Meerwasser gelösten Metalle, die in der Tiefsee zum Aufbau der Kobaltkrusten dienen. - Foto: 2007 by NEON ja, freigegeben via Wikimedia Commons als CC-BY-SA 2.5 Generic Lizenz

Was winzige Algen in Jahrmillionen zusammensammeln, verbraucht der Mensch daran gemessen in wenigen Augenblicken
Foto: 2007 by NEON ja, freigegeben via Wikimedia Commons als CC-BY-SA 2.5 Generic Lizenz

Das gleiche könnte man auch über Kobaltkrusten sagen, eine ebenfalls für den Abbau vorgesehene Ressource, für die es allerdings noch keine ökonomisch und ökologisch vertretbaren Abbaukonzepte gibt. Die kobaltreichen Mangankrusten werden mit Hilfe von Mikroorganismen, hier ist es eine kleine, einzellige Alge, gebildet. Die sogenannte Coccolithophoride ist eine bekannte, mit einem Kalkpanzer ausgestattete Alge, die schon in etwa 100 Meter Wassertiefe vorkommt. Sterben die Algen ab, sinken ihre mineralreichen Kalkpanzer zum Meeresgrund und werden unter den besonderen chemischen Verhältnissen der Tiefsee umgewandelt und daraus vor Ort zu Kobalt oder Mangan reduziert und ausgeschieden. D.h. auch hier wären die empfindlichen chemischen Voraussetzungen nach dem Abbau der Krusten möglicherweise nicht mehr ausreichend für eine Regeneration.

Wesentlich gravierender aber wären solche oder ähnliche Veränderungen im Bereich von sensiblen chemosynthetischen Lebensgemeinschaften in der Nähe von hydrothermalen Quellen. Daß es sich bei den dort austretenden oftmals über 400 Grad Celsius heißen, wässrigen Lösungen unter den ungewöhnlichen, äußeren Druckverhältnissen genau genommen um sogenanntes "superkritisches Wasser" [12] handelt, das sich chemisch ganz anders verhält, als man es von normalem Wasser kennt, gehört ebenfalls zu den Dingen, die im Hinblick auf mögliche Umweltveränderungen (z.B. Strömungsveränderungen durch den Abbau von Massivsulfiden) kaum zur Sprache gebracht werden. Geologen sprechen in diesem Zusammenhang deshalb auch gern von mineralhaltigen Fluiden, die zudem mit hoher Geschwindigkeit (Flußraten von 1-2 Meter pro Sekunde) austreten. Das klingt ganz harmlos und verschleiert die Tatsache, daß man über die genaue, jeweilige Zusammensetzung der ätzenden Giftbrühe, die die Hydrothermalquellen verläßt, nur äußerst wenig weiß. Allerdings haben sich das Meer und seine Bewohner an die Auswürfe der Erdkruste an diesen Stellen angepaßt, und halten das Hexengebräu in einem eingeschränkten Areal fest.

Die Webseite des Schweizer Nationalfonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung verlinkt zu einem Artikel der Zeitschrift "Technologie und Natur", in dem deutlich wird, daß sich in einem solchen Fluid auch physikalische Eigenschaften grundlegend verändern. Frédéric Vogel, der am Paul-Scherrer-Institut in Villigen (PSI) das Verhalten von Molekülen und den Ablauf chemischer Reaktionen bei sogenannten überkritischen oder superkritischen Bedingungen erforscht, erklärt hier, daß etwa Mineralsalze in superkritischem Wasser kaum mehr löslich sind, Öle und Gase hingegen sehr gut löslich werden: "Diese Stoffe verhalten sich also genau umgekehrt als in flüssigem Wasser der Fall", was im Falle der Hydrothermalquellen die hochaufschießenden Sedimentwolken ebenso gut erklären könnte wie die im kalten Umgebungswasser ausfallenden Mineralstoffe. Wie weit aber würde sich hyperkritisches Wasser verbreiten, wenn sich durch den Abbau von Schlöten und metallischen Ablagerungen das "Seabed" am Meeresboden bzw. seine Topographie verändert? Wie schnell wandelt es sich in gewöhnliches Meerwasser um? Und welche Einflüsse könnte derart unorthodoxes Wasser auf andere Meeresverschmutzungen nehmen, wie etwa von relevanten radioaktiven Einträgen bis hin zu "stinknormalem Müll", wenn es damit in Berührung kommt?

Fisch schaut aus dem Kanonenrohr heraus, auf dem sich bereits Meerespflanzen breit gemacht haben - Foto: 2012 by NOAA, Image courtesy of the Deepwater Canyons 2012 Expedition, NOAA-OER/BOEM

Wie flexibel und anpassungsfähig werden Meeresbewohner sein, wenn es um die Hinterlassenschaften der Bergbauindustrie geht?
In einer der 150 mm Kanonen der gesunkenen 'Frankfurt' hat es sich eine Tiefsee-Fischfamilie gemütlich gemacht.
Foto: 2012 by NOAA, Image courtesy of the Deepwater Canyons 2012 Expedition, NOAA-OER/BOEM


Meeresbergbau ist mehr, als sich hinter drei Ressourcen verbirgt

Die vielen offenen Fragen potenzieren sich, wenn man bedenkt, daß es in Zukunft natürlich nicht nur allein um den Abbau von Kobaltkrusten, Manganknollen und Massivsulfiden geht, mit denen die Chemie und Strömung von Meerwasser verändert wird. Auf und unter dem Meeresgrund gibt es aufgrund der andersartigen chemischen und physikalischen Umgebung weitere Vorkommen an Erzen oder polymetallischer Aggregate, die unter Umständen ebenfalls für die Förderung interessant werden, wie Erzschlämme an Plattenrändern, Eisen im Küstenvorfeld, Schwermetallseifen in Schelfgebieten und organische Rohstoffe und Phosphoritknollen in bis zu 500 Meter Wassertiefe. Diamante und Kiese werden bereits seit langem an Küsten, Erdöl und Erdgas mittels Förderschiffen großtechnisch aus den Tiefen des Meeresbodens abgebaut. Methanhydrate an Schelfrändern gehören zu den potentiellen Eneriequellen der Zukunft, die aber noch vor den mineralischen Rohstoffen für die Förderung vorgesehen sind. Die 1998 im US-Department of Energy eingereichten Gesetzesvorlagen diskutieren die weitere Strategie zur Erforschung der Methanhydratvorkommen und setzen heute schon eine Frist: Ab dem Jahre 2015 soll mit dem Abbau begonnen werden.

Aber auch die weitere Industrialisierung an Land sorgt dafür, daß das Meer zunehmend versauert und mit chemischen Abfällen und radioaktiven Einträgen (man denke an die Nuklearkatastrophe vor zwei Jahren in Fukushima) aus Flußläufen oder aus der Atmosphäre kontaminiert wird.

Meßdaten der Betreiber des havarierten Kernkraftwerks in Fukushima, TEPCO, zeigen einen deutlich angestiegenen Eintrag an radioaktivem Cäsium nach der Nuklearkatastrophe vor der japanischen Küste. - Grafik: 2011 by Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH, freigegeben via Wikipedia als CC-BY-SA 3.0 Unported Lizenz

Einträge von chemischen oder radioaktiven Abfällen verändern die Welt unter Wasser. Die allmählich sinkende Kurve zeigt nur, daß das radioaktive Material in andere Meeresregionen verfrachtet wurde. Meereswasserkontamination mit Cäsium-137 vom 21. März bis 5. Mai 2011
Grafik: 2011 by Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH, freigegeben via Wikipedia als CC-BY-SA 3.0 Unported Lizenz

Jede Form von Bergbau birgt ihre eigenen Risiken, die immer nur so weit von Umweltauflagen abgefangen werden können, wie ihre Wechselwirkungen mit Wasser und Leben bekannt und erforscht sind. So wurden 2010 Ergebnisse von Laboruntersuchungen des Imperial College in London bekanntgegeben, wonach Rohöl, das bei seiner Off-Shore-Förderung als nicht zu verhindernde Verschmutzung ins Meerwasser gelangt, über verschiedene Mechanismen am Meeresboden die Binde- und Filterfunktion für Arsenate behindert. Da auch in Erdöl arsenhaltige Verbindungen und andere Schwermetallverbindungen enthalten sind, die daraus austreten können, wird quasi in doppelter Hinsicht mit der derzeitigen Förderungspraxis die natürliche Arsenkonzentration im Meerwasser wesentlich erhöht. [14]

Die brennende Ölplattform Deepwater Horizon wird von Löschschiffen mit Wasser und Löschchemikalien besprüht. - Foto: 2010 by US Coast Guard, freigegeben via Wikimedia Commons als Public domain

Jede Form von Bergbau birgt eigene Risiken, Deepwater Horizon am 20. April 2010
Foto: 2010 by US Coast Guard, freigegeben via Wikimedia Commons als Public domain


Öl

Auch die bei der Ölförderung praktizierte Rückführung des verbrauchten Wassers ins Meer (mit den Tailings im Tiefseebergbau vergleichbar) ist wegen der erhöhten Konzentration an Arsen und anderen Giftstoffen nicht unproblematisch. Besonders schwer wiegen in diesem Zusammenhang jedoch Ölkatastrophen wie die nach der Haverie der Exxon Valdez.

Nach dem Untergang der Deepwater Horizon flossen etwa 780 Millionen Liter Öl in den Golf von Mexiko. Gefördert durch Dispersionsmittel wie Corexit, mit dem der Ölkonzern BP die gewaltige Ölfahne im Meer direkt vor Ort in kleine, unsichtbare Tröpfchen auflösen und im Meer "verstecken" bzw. verteilen konnte, hatte die Ölpest nicht nur eine Anreicherung giftiger Schadstoffe im Wasser und der Nahrungskette zur Folge, sondern auch gravierende bleibende Auswirkungen ("environmental impacts") für den Meeresboden und die damit verbundenen Ökosysteme, die noch nicht ausreichend erforscht sind.

Wie sich die gewaltigen Mengen an Corexit [16] im Meerwasser auf die Meeresbewohner auswirken, einer seifenähnlichen Chemikalie, mit der selbst Schweröle, aber auch alle anderen wasserunlöslichen Stoffe im Wasser verteilt werden, ist nicht geklärt. Allein die Tatsache, daß zum Beispiel giftige organische Stoffe, die sonst nicht von den feinen Kiemen der Fische oder den entsprechenden Filterorganen der Tiefseebewohner aufgenommen werden können, weil sie sich nicht im Wasser lösen, und auf diese Weise auch die feinen Kiemen von Fischen oder Tiefsee-Bewohnern nicht passieren können, macht den Einsatz solcher Mittel unberechenbar. Vor kurzem berichtete Zeit-Online ausführlich über die gesundheitlichen Schäden, die darüber hinaus durch den Kontakt mit Corexit ausgelöst werden [17]. Nach einer hierin zitierten Studie, die 19 Monate nach der Explosion auf der Deepwater Horizon im wissenschaftlichen Journal Environmental Pollution erschien, wirkt Rohöl 52-mal giftiger, wenn es mit Corexit kombiniert wird. Da rein statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit, daß eine Bohrinsel hochgeht, mit zunehmendem Bergbau wächst, wird das Meer und sein Verhalten, allein im Bereich seiner chemischen Eigenschaften, auch für alle weiteren angestrebten Projekte zwangsläufig immer weniger vorhersagbar werden.


Gas

Am 12. März 2013 wurde 80 Kilometer südlich der Atsumi-Halbinsel Japans vom japanischen Tiefsee-Bohrschiff "Chikyu" aus mit der ersten Produktion von Methanhydrat-Gas auf experimenteller Basis begonnen. Das in gefrorenem Wasser eingelagerte Methangas (Methanhydrat) wird 1,3 Kilometer unter der Meeresoberfläche aus dem Meeresboden herausgelöst und diese Strecke nach oben transportiert, um dort in speziellen Behältern geborgen zu werden. Diese Förderung ist ausgesprochen kostspielig. Das Projekt wird vom Forschungszentrum für Energie der Tokio Universität begleitet. Die kommerzielle Nutzung der umgerechnet 1,1 Billionen Kubikmeter Methangas, das im Seegebiet des östlichen Nankai-Grabens ruhen soll, ist für 2018 geplant.

Eine Karte zeigt die Vorkommen von Gashydraten. - Grafik: U.S. Geological Survey, freigegeben via Wikimedia Commons als Public domain

Die meisten, bereits gesicherten Lagerstätten von Gashydraten liegen unter Wasser an den Kontinentalrändern.
Grafik: U.S. Geological Survey, freigegeben via Wikimedia Commons als Public domain

Eines der von vielen Wissenschaftlern befürchteten Risiken beim großflächigen Abbau von Gashydraten ist, daß es das Abrutschen von Küstenhängen in der Meerestiefe zur Folge haben und möglicherweise Tsunamis auslösen könnte. Der Nankai-Graben ist extrem von Erdbeben gefährdet, dennoch sieht der Leiter des Projekts Prof. Yoshihiro Masuda kein zusätzliches Risiko durch den Gashydratabbau an dieser Stelle. Er sieht ein größeres Risiko darin, daß die Testbohrungen 200 Meter tief in den Meeresboden gehen, in sehr sandhaltigem und daher nachgiebigem Untergrund. Hier müsse man herausfinden, ob "wir in einer solchen Umgebung, die einem Sandkasten entspricht, die Bohrung mit Zement stabilisieren können." [18] Ob mit vergleichbaren Sediment-Tailings wie beim Manganknollenabbau zu rechnen ist, wie sich die Dichte oder die Wasserqualität durch den industriellen Einsatz oder durch die Kontamination des Wassers und Ökosystems mit Abbau- oder Begleitprodukten des Methanhydrats verändert, sind unter vielen anderen noch unbekannte Daten, die noch während dieser Explorationsphase zu gewinnen und zu beurteilen sind. Was aber passieren könnte, wenn sich durch ein vergleichbares Materialversagen oder fehlerhafte Kalkulationen wie bei der Deepwater Horizon-Katastrophe nur ein Bruchteil, ein paar Millionen Kubikmeter Methangas im Wasser lösen und welche Auswirkung das auf die Statik des Wasser hat, wird gewöhnlich Science Fiction-Autoren wie Frank Schätzing überlassen. Das in die Atmosphäre entlassene Gas hat aber auch noch ein 30mal größeres Treibhausgaspotential als Kohlenstoffdioxid (CO2), und schon dieser spontane Effekt auf das Klima läßt sich nicht in allen Konsequenzen erwägen.

Fraglich bleibt allerdings, wie weit der Blick des Forschers über die von der Industrie aufgezwungenen Scheuklappen hinausreichen darf. Schließlich soll die Wissenschaft mit ihrer Arbeit inzwischen auch für die nötige Akzeptanz in der Öffentlichkeit sorgen, in welchem Bereich des Pazifiks, Atlantiks oder des arktischen Meeres die begehrlichen Blicke der Rohstoffindustrie den Meeresboden streifen. Im Falle von Methanhydrat im erdbebengefährdeten, sedimentreichen Nankai-Graben heißt das laut Masuda: "Mit solch konkreten Vergleichs-Daten wollen wir die Bewohner überzeugen, daß sie sich keine Sorgen machen müssen". [18]

Eine Unterwasseraufnahme des 'Submersibles' Johnson-Sea-Link II, kurz bevor seine mechanischen Arme einen Tiefseebewohner extrahierten. Auf dem Foto sind Datum, Uhrzeit, Wassertiefe, Salzgehalt und Temperatur aufgezeichnet. - Foto: 2004 by NOAA Ocean Explorer, Image courtesy of Estuary to the Abyss 2004 Expedition: Exploring Along the Latitude 31-30 Transect

2977 Fuß unter Wasser ist die Welt noch in Ordnung.
Der Shaefer Anglerfisch "Bubba" kurz bevor er ...
Foto: 2004 by NOAA Ocean Explorer, Image courtesy of Estuary to the Abyss 2004 Expedition: Exploring Along the Latitude 31-30 Transect.

Tiefseebewohner Bubba auf dem Untersuchungstisch des bordeigenen Forschungslabors, wo er gemessen, gewogen, studiert und schließlich konserviert wird. - Foto: 2004 by NOAA Ocean Explorer, Image courtesy of Estuary to the Abyss 2004 Expedition: Exploring Along the Latitude 31-30 Transect

... zur Probe generierte. Vergleichs-Daten für die Wissenschaft bedeuten Tod für die Tiefseebewohner, die im Labor oft nur wenige Minuten überleben.
Die 'Angel' (Illiceum) mit anhängendem Köder (Esca) am Kopfende des Anglerfisches enthält ein Leuchtorgan, daß die Beute in die Nähe des Fischmauls lockt.
Foto: 2004 by NOAA Ocean Explorer, Image courtesy of Estuary to the Abyss 2004 Expedition: Exploring Along the Latitude 31-30 Transect

Was aber geschieht mit der Meereswelt und ihren Bewohnern, wenn der Mensch, seine - wie er hofft - ungemein nachhaltigen und verträglichen Rohstoff-Förderungstechniken am Meeresboden anwendet?

Die vorgeschlagenen Verhaltenscodices zum Umweltmanagement, die einen vermeintlich verantwortungsvollen, schonenden Umgang mit der Umwelt nach neuestem technologischen Wissen vorschlagen, greifen mit Blick auf die Gesamtheit der Weltmeere viel zu kurz, da sie sich immer nur auf den jeweiligen kleinen begrenzten Flecken des Meeresbodens richten, während sich das Transportmedium Wasser, wenngleich auch träge, aber doch vergleichbar mit der Atmosphäre, in allen Dimensionen des Raumes bewegen, unvorhersehbare Strecken überwinden und Stoffe austauschen kann. Zeigte sich in der Vergangenheit bereits, wie wenig eine vorgeblich sichere Technologie tatsächlich zu beherrschen ist, und wie leicht Unfälle zu Katastrophen ausarten, haben aber auch schon 200 Jahre Industrialisierung und ihre Folgen gereicht, die Welt komplett zu verändern. Nur eine kleine Folge davon ist die Abhängigkeit von Rohstoffen, eine andere die Übernutzung der Meere in flacheren Bereichen. Statt innezuhalten und die gemeinsame Forschungskraft in mögliche Alternativen zu investieren, scheint der Mensch diese Entwicklung nun mit Hochdruck bis in die unerreichbaren Winkel der Unterwasserwelt fortzusetzen.

Die Forschung von interdisziplinären Einrichtungen wie das Kieler Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft", das gemeinsam mit dem GEOMAR - Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung den Workshop zum Meeresbodenbergbau vom 18. bis 20. März 2013 organisiert hatte, und sich, wie es in der Einleitung zum World Ocean Review 2010 [19] heißt, interdisziplinär diesen Aufgaben und offenen Fragen stellen will, um einen Beitrag zur Vorsorgeforschung für das Meer zu leisten, kann diese Entwicklung vermutlich nicht mehr aufhalten.

Jeder Punkt bedeutet, hier wurden im Zuge von Forschungsprojekten Proben entnommen. Die Dichte täuscht: Obwohl kaum noch freie Flächen bleiben, ist dennoch erst 1 Prozent des Meeres erforscht. - Grafik: NOAA, Screenshot der Seite des National Geophysical Data Center am 19.04.2013 erstellt mit Datenmaterial des U.S. Government

Verwertung des Meeres systematisch vorbereitet? An jedem dieser Punkte fanden bereits Forschungsprojekte statt. Grafik: NOAA, Screenshot der Seite des National Geophysical Data Center am 19.04.2013 erstellt mit Datenmaterial des U.S. Government

Anmerkungen:

[1] siehe auch: Interview mit Tiefseebiologin Prof. Cindy Lee Van Dover,
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0052.html

[1a] Der Ausdruck "they will come back" ist schon von der sprachlichen Logik her falsch, da die Tiere und Lebensformen niemals "fortziehen", sondern schlicht getötet werden. Ob möglicherweise die gleichen oder nur ähnliche Arten zurückkommen, bleibt dann immer noch die Frage.

[2] Michael Slezak, "Deep-sea mining struggles to manage ecological impact", NewScientist 19. März 2013:
http://www.newscientist.com/article/dn23293-deepsea-mining-struggles-to-manage-ecological-impact.html

[3] http://www.deepwave.org/de/ozean-in-gefahr/tiefsee.html

[4] InterRidge Codes of Conduct: http://www.interridge.org/IRStatement

IMMS Code for Environmental Management of Marine Mining:
http://www.immsoc.org/IMMS_code.htm

"DINARD GUIDELINES FOR CHEMOSYNTHETIC ECOSYSTEM RESERVES"
http://oceanography.ml.duke.edu/vandover/deep-sea-mining-2/news/
http://www.isa.org.jm/files/documents/EN/Pubs/TS9/index.html#/8/zoomed

15. Grundsatz der Rio-Deklaration (1992)
Grundsatz 15: Zum Schutz der Umwelt wenden die Staaten im Rahmen ihrer Möglichkeiten allgemein den Vorsorgegrundsatz an. Drohen schwerwiegende oder bleibende Schäden, so darf ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewissheit kein Grund dafür sein, kostenwirksame Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltverschlechterungen aufzuschieben.
http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/rio_deklaration_950.htm

[5] Das Verursacherprinzip (engl. polluter pays principle) ist ein Grundsatz der Umweltpolitik und bedeutet, daß die volkswirtschaftlichen bzw. sozialen Kosten wirtschaftlicher Aktivitäten oder Unterlassungen von ihrem Verursacher zu tragen sind. Wenn allerdings der einzelne Verursacher nicht festgestellt werden kann oder die Anwendung des Verursacherprinzips zu schweren wirtschaftlichen Störungen führen würde, muß die Allgemeinheit die Kosten nach dem Gemeinlastprinzip tragen.

Siehe auch Antwort der Bundesregierung auf die "Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Valerie Wilms, Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/8645 - Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf die maritime Umwelt und Biodiversität":

40. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Internationalen Seegerichtshofs vom 1. Februar 2011, welches u.a. besagt, daß Bergbaukonzerne in vollem Umfang für auftretende Umweltschäden haftbar gemacht werden?
Die Bundesregierung begrüßt das Rechtsgutachten der Kammer für Meeresbodenstreitigkeiten des Internationalen Seegerichtshofs vom 1. Februar 2012 zu den Pflichten und Verantwortlichkeiten von befürwortenden Staaten (sponsoring states) beim Tiefseebergbau sowie insbesondere, daß das Rechtsgutachten das deutsche Gesetz zur Regelung des Meeresbodenbergbaus (Meeresbodenbergbaugesetz, MBergG) ausdrücklich als einen der wenigen nationalen Rechtsakte erwähnt, die bislang weltweit zur Ausgestaltung des Sponsoring bei Tiefseebergbauaktivitäten erlassen worden sind. Vor dem Hintergrund des Gutachtens ist der ISA-Generalsekretär auf der 17. ISA-Jahrestagung aufgefordert worden, einen Bericht über die bestehenden nationalen Gesetze und Vorschriften zum Tiefseebergbau zu erstellen. Die Bundesregierung begrüßt, daß damit erste Schritte für die Entwicklung von best practices für entsprechende nationale Vorschriften eingeleitet worden sind.

[6] Die äußerst unterhaltsame Geschichte über das nur aufwärts und abwärts fahrbare U-Boot von Jacques Piccard findet man hier:
http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5987/tiefenrausch_in_der_ewigen_nacht.html

[7] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/086/1708645.pdf

[8] Die Knollen im 150.000 Quadratkilometer großen deutschen Lizenzgebiet im Pazifischen Ozean zwischen Mexiko und Hawaii (Clarion-Clipperton-Bruchzone), von dem die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) seit 2006 im Juli 75.000 Quadratkilometer erkundet, bestehen durchschnittlich aus 26 Volumenprozent (%) Mangan, 7% Eisen, 1,2% Nickel, 1% Kupfer und 0,3% Kobalt.

Die Kalklösungsgrenze oder Calcit-Kompensationstiefe (CCD) bezeichnet die Meerestiefe, ab der sämtlicher Calcit im Wasser gelöst ist. Oberhalb dieser Tiefe (zwischen 3.500 und 5.000 Meter) liegt eine gesättigte Lösung von Calciumcarbonat (CaCO3, Kalk) vor, zusätzlicher Kalkeintrag wird ausgefällt und lagert sich am Meeresboden ab. Unterhalb der CCD findet man keine Kalkablagerungen mehr, sondern nur kalkfreie Sedimente auf Silikatbasis. Letztere entstehen u.a. aus den Gehäusen von Kleinstlebewesen wie Kieselalgen u. dgl.

[9] Dr. Gerd Schriever hielt auf dem Workshop for Students "Seafloor Mineral Resources: scientific, environmental, and societal issues", im Kieler Steigenberger Hotel am 19. März 2013 den Vortrag "German environmental impact studies on manganese nodules" (frühere Deutsche Umweltfolgenabschätzungsstudien zum Manganknollenabbau)

[10] ein Interview mit Prof. Dr. Hjalmar Thiel
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri004952.html

[11] Laut einer 2010 veröffentlichten Studie des Instituts für Physiologische Chemie und Pathobiochemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, hält man derzeit eine spezielle Bakterienart in der Tiefsee als Auslöser für die Biomineralisation. Diese Bakterie besitzt an der Außenschicht eine zusätzliche Proteinschicht (S-Layer), die den Organismus vor schädlichen Umwelteinflüssen schützt, und die Ablagerung von Mineralien ermöglicht. Letztere gelangen durch abgestorbene Tier- und Pflanzenreste auf den Meeresgrund und lösen sich unter den besonderen chemischen Bedingungen unterhalb der Kalklösungsgrenze in der Tiefsee im Meerwasser. [12]
Strömungen würden diese Mineralien dann in kältere Gebiete tragen, wo die Mineralien ausfallen könnten. Treffen diese dann auf Proteinschicht der Bakterien, so beginnt die Biomineralisation und Mangan und andere Metalle werden gebunden. Den Kern oder Nucleus sollen bereits metallhaltige Sedimente wie ein Fischzahn oder auch ein Gehäuse verschiedener Arten abgestorbenen Planktons bilden. Die Mineralien ordnen sich, ähnlich einer Zwiebel, in Schichten um den Kern an, was allerdings mit geschätzten Wachstumsgeschwindigkeiten von 5 Millimetern in einer Millionen Jahre sehr langsam vorangeht.

Siehe auch: Sebastian Scholz: Rohstoffversorgung durch Meeresbergbau. In: Schiff & Hafen, Heft 5/2011, S. 72-76. Seehafen-Verlag, Hamburg 2011, ISSN 0938-1643

http://www.schiffundhafen.de/fileadmin/user_upload/PDF/511fachartikelC.pdf

[12] http://www.spektrum.de/alias/meeresbergbau/griff-in-neptuns-schatztruhe/1055302

[13] Normalerweise verdampft Wasser bei 100 Grad Celsius. Doch je nach Luftdruck verschiebt sich der Siedepunkt nach unten oder oben: Bei Unterdruck siedet das Wasser früher, während es im Dampfkochtopf erst bei rund 120 Grad kocht. Erhöht man den Druck nun stetig, steigt auch der Siedepunkt an. Bei 221 bar und 374 Grad Celsius ist jedoch eine kritische Grenze erreicht, jenseits derer das Wasser in einen völlig neuen Zustand tritt. Es ist dann nicht mehr ganz flüssig, aber auch nicht gasförmig, sondern etwas zwischendurch. Unter superkritischen Bedingungen verwandelt sich Biomasse quasi von selbst in Methan. Superkritisches Wasser (scH2O) wird als Lösungsmittel bei der Zersetzung von Elektroschrott, radioaktiv kontaminierter Erde, vielen organischen Verbindungen und weiteren "Problem"stoffen benutzt.
Siehe auch:
www.snf.ch/SiteCollectionDocuments/horizonte/83/83_11_28_d.pdf

[14] Genauer gesagt, bildet das Öl eine physikalische Barriere, indem es die Sedimente mit einer Ölschicht überzieht und zudem die Chemie der Minerale (Goethit oder Nadeleisenerz), so daß die Ladungsdifferenzen und damit die Anziehung zwischen beiden aufgehoben wurden.
Auf den Golf von Mexiko übertragen bedeutet dies, daß die Ölpest nicht nur zu einer erhöhten Arsenfreisetzung aus dem Öl führt, sondern auch gleichzeitig die Filtermechanismen des Meeresbodens außer Gefecht setzt. Die Folge ist eine Anreicherung des giftigen Elements im Wasser und damit eine drohende Vergiftung der Nahrungskette.
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-11896-2010-07-05.html

[15] Mehr dazu:
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula267.html
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula268.html
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula269.html

[16] Corexit ist der Markenname für die Produktreihe der Nalco Company, die Dispergatoren bzw. Dispergentien und Strandreinigungsmitteln zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen herstellt, mit denen auf wundersame Weise der Schein einer relativ sauberen Umwelt gewahrt werden kann, ohne daß die Umweltverschmutzungen tatsächlich verschwunden wären.
2010 wurden mit Corexit EC9500A und Corexit EC9527A Dispergatoren in bis dahin nicht gekanntem Umfang vom Ölkonzern BP zur Bekämpfung der aus der Havarie der Offshore-Ölbohrplattform Deepwater Horizon resultierenden Ölpest im Golf von Mexiko eingesetzt. Dabei wurden nach eigenen Angaben der EPA (US-Environmental Protection Agency) etwa sieben Millionen Liter der Dispergatoren versprüht. Umstritten ist der Einsatz besonders wegen der im Vergleich zu anderen Dispergatoren ohnehin hohen Ökotoxizität der Mittel, deren Einsatz in einem derart gewaltigen "Feldversuch" bis dahin noch nicht erprobt worden war.

[17] http://www.zeit.de/2013/17/bp-oelkatastrophe-golf-von-mexiko-corexit/

[18] http://www.tagesschau.de/ausland/tiefsee100.html

[19] http://worldoceanreview.com/wor-1/

Weitere Berichte und Interviews zum Kieler Workshop "Seafloor Mineral Resources: scientific, environmental, and societal issues" finden Sie, jeweils versehen mit dem kategorischen Titel "Rohstoff maritim", unter

INFOPOOL → UMWELT → REPORT → BERICHT
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/ip_umwelt_report_bericht.shtml
und
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → INTERVIEW
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/ip_umwelt_report_interview.shtml

30. April 2013