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BERICHT/088: Klimarunde, Fragestunde - für und wider und voran ... (SB)


Climate Engineering Conference 2014: Critical Global Discussions

Scandic Hotel, Berlin, 18. - 21. August 2014

Ein Einführungsbericht



"... and if you put these data in, then the temperature goes up ..." [1] Ein Satz, im Vorübergehen aufgeschnappt, der mehr sagt als tausend Worte. Denn wer nach vier Tagen, die von morgens bis abends dicht mit Vorträgen, Gesprächsrunden und anderen Formaten wissenschaftlichen Austausches gefüllt waren, beim feierlichen Ausklang zu nächtlicher Stunde noch immer nicht müde ist, mit Kolleginnen und Kollegen über Temperaturverläufe und Kurvendiagramme zu diskutieren, für den ist Klimaforschung offensichtlich weniger Beruf denn Berufung.

Jenes Gespräch war keine Ausnahme. Die mehrere hundert Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer, die sich vom eigentlichen Veranstaltungsort, dem Scandic Hotel am Potsdamer Platz, zu der abschließenden Podiumsdiskussion und Fragerunde zum Thema "The Anthropocene: An Engineered Age?" [2] ins Haus der Kulturen begeben hatten, erweckten den Eindruck, als wollten sie überhaupt keinen Abschied nehmen und statt dessen viel lieber mit alten und sicherlich auch vielen neuen Bekannten in entspannter Atmosphäre weiter über Probleme des Klimawandels sprechen, von denen ohne Übertreibung gesagt werden kann, daß ihnen menschheitsgeschichtliche Wichtigkeit gebührt. Jedenfalls Anlaß genug für das in Potsdam ansässige Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), Expertinnen und Experten aus aller Welt zur "First International Climate Engineering Conference 2014: Critical Global Discussions" nach Berlin einzuladen.

Klaus Töpfer am Rednerpult - Foto: © 2014 by Schattenblick

"Wir müssen sehr klar sehen, was auf diesem wichtigen Gebiet vor sich geht, und das nicht aus einer Lage heraus, in der wir keine Alternativen haben."
Klaus Töpfer, Direktor des im Jahr 2009 gegründeten Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), bei der Eröffnungsansprache des CEC'14 zum Geoengineering
Foto: © 2014 by Schattenblick


Das Wasser bis zum Hals und darüber hinaus

Der Klimawandel wird die bestehenden Konflikte verstärken, resümierte bereits im Jahr 2008 die EU-Kommission in einer Studie zu Sicherheitsfragen bei veränderten klimatischen Verhältnissen. Wenn man die aktuellen Projektionen des Weltklimarats IPCC [3] ernst nimmt, dann könnte die globale Durchschnittstemperatur im Verlauf dieses Jahrhunderts um vier oder fünf Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter steigen. Die Konsequenzen wären dramatisch: Pazifische Inselstaaten wie Tuvalu, die sich nur wenige Meter über den Meeresspiegel erheben, würden überschwemmt und von der Landkarte verschwinden.

Vom Meeresspiegelanstieg wären aber auch Millionenstädte wie New York, Schanghai, Manila, Jakarta und Hamburg bedroht. Klimawandel bedeutet, daß sich die Hochgebirgsgletscher weiter zurückziehen, so daß in Ländern wie Bolivien, in denen Gletscher die entscheidende Trinkwasserquelle für viele Menschen bilden, der Wassermangel wächst; gleichzeitig löst sich der eisige Klammergriff des Permafrosts von den Bergen, so daß verstärkt Geröllawinen in die Täler abgehen. Sollten sich im Zuge des Klimawandels die Windsysteme verschieben, könnte Indien seine für die Landwirtschaft unverzichtbaren regelmäßigen Monsunniederschläge verlieren. Generell würden sich die ariden und semiariden Gebiete auf der Erde weiter ausdehnen, so daß möglicherweise Regionen wie beispielsweise das australische Kernland, in denen heute noch mit ausgefeilten Bewässerungsystemen Landwirtschaft betrieben wird, aufgegeben werden müssen. Zugleich nähme in einer aufgeheizten Welt die Zahl und Intensität von Extremniederschlägen zu.

All diese Folgen wurden schon vielfach beschrieben, sollten aber zu keinem Gewöhnungseffekt führen oder gar zu dem Irrtum verleiten, daß damit überdramatisiert wird. Es handelt sich um die Ergebnisse bestimmter Modellierungen, deren Ausgangsparameter in den gegenwärtigen Klimatrends angelegt sind. Andere Klimaprojektionen des IPCC besagen, daß die globale Durchschnittstemperatur auf unter zwei Grad Celsius beschränkt werden kann, sofern unverzüglich bestimmte Maßnahmen ergriffen werden. Das berichtete Prof. Ottmar Edenhofer bei der ersten öffentlichen Vorstellung der Ergebnisse der AG III zum 5. Sachstandsbericht des Weltklimarats am 14. April 2014 in Berlin. [4] Und genau da scheiden sich die Geister. Was ist mit "bestimmten Maßnahmen" gemeint?

Rückkehr zur Atomkraft, Erneuerung des Europäischen Emissionshandelssystems, Abschied von der Kohleverstromung und verstärkter Ausbau der sogenannten erneuerbaren Energien, Steigerung der Energieeffizienz sowie die CO2-Sequestrierung (Abscheidung, Verflüssigung und Lagerung von Kohlendioxid aus Kraftwerken) zählen zu den Maßnahmen, die der IPCC als notwendig erachtet, damit das Zwei-Grad-Ziel noch erreicht werden kann. Die Zahl möglicher Antworten auf den Klimawandel ist jedoch Legion. Das hat die CEC'14 gezeigt, und es wird mit Sicherheit nicht die letzte Konferenz sein, auf der die Teilnehmenden über die Frage nach den Mitteln und Methoden kontrovers diskutieren.

Blick von der Balustrade auf das Foyer, in dem mehrere Dutzend Personen an kleinen Tischen stehen und miteinander reden - Foto: © 2014 by Schattenblick

Angeregte Debatten in den Zwischenzeiten
Foto: © 2014 by Schattenblick

In Anlehnung an die Royal Society definiert das Umweltbundesamt Geoengineering als "bewusste und zielgerichtete - meist in großem Maßstab durchgeführte - Eingriffe in das Klimasystem mit dem Ziel, die anthropogene Klimaerwärmung abzumildern". [5] Die zahlreichen Konzepte des Geoengineerings werden üblicherweise zwei Hauptkategorien zugeordnet. Die erste Gruppe umfaßt Technologien, die der Erdatmosphäre das Treibhausgas Kohlendioxid entziehen (engl.: Carbon Dioxide Removal, CDR). Zur zweiten Gruppe werden Maßnahmen gerechnet, die den Strahlungshaushalt beeinflussen (engl.: Solar Radiation Management, SRM). In beiden Fällen wird davon ausgegangen, daß sich das globale Klima mit Hilfe technischer Mittel beeinflussen läßt, und mit beiden Ansätzen sollen die Auswirkungen bestimmter Produktionsweisen behoben werden, nicht aber deren Voraussetzungen.

Diese unterschiedlichen wissenschaftlich-technologischen Herangehensweisen können auf verschiedene politische Ansätze hinauslaufen. Beispielsweise setzt die deutsche Regierung zur Zeit auf Energieeffizienz und -einsparung und will den Anteil an sogenannter regenerativer Energie langfristig erhöhen; bis Mitte des Jahrhunderts sollen weder Kernbrennstoffe noch fossile Energieträger wie Erdgas, Erdöl oder Kohle zur Strom- und Wärmeproduktion verwendet werden. Den Berechnungen zufolge ist die "Energiewende" machbar, und Deutschland gilt in dieser Hinsicht weltweit als Vorbild (wobei bei dieser Einschätzung der hohe Anteil an elektrischem Strom aus Braunkohlekraftwerken unbeachtet bleibt), da es sich um einen der führenden Industriestandorte handelt, der einen entsprechend hohen Energieverbrauch hat. Wenn die Energiewende gelingt, wäre den Berechnungen zufolge kein Geoengineering erforderlich.


Geoengineering - Vom Regen in die Traufe?

Nimmt jedoch die Verzweiflung zu, so der amerikanische Futurologe Jamais Cascio, der als Referent zu mehreren Panels und Sessions der CEC'14 geladen war, dann könnte der Zeitpunkt eintreten, an dem es notwendig wird, sich mit Geoengineering näher zu befassen, um größeren Schaden für die Menschheit abzuwenden. Eine Einstellung, die nicht unwidersprochen blieb, setzt sie doch die Annahme voraus, daß es überhaupt zu so einer verzweifelten Situation kommt. Die tritt nicht zwangsläufig ein, sondern wäre Ergebnis politischer Entscheidungen, die heute getroffen werden.

Außerdem könnte man sich angesichts der rund 850 Millionen hungernden und ein bis zwei Milliarden verarmten Menschen in der Welt fragen, um wessen Verzweiflung sich gesorgt wird, da diese doch längst existiert, ohne jedoch von jenen behoben zu werden, die dazu wahrscheinlich die notwendigen Mittel besäßen. Was aber wahrscheinlich auf eine Änderung des eigenen Lebensstils und die Preisgabe liebgewonnener Privilegien hinausliefe.

Weitgehend einig auf der Konferenz war man sich, daß Maßnahmen des Geoengineerings mit großen Unsicherheiten behaftet sind und nahezu unvermeidlich mit unerwünschten Nebenwirkungen zu rechnen wäre. Zum Beispiel könnte man mit Flugzeugen Schwefelpartikel in der oberen Troposphäre verteilen. Das würde zur tendenziellen Abschattung und Abkühlung der Erdoberfläche führen, wie man es beispielsweise vom Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo im Jahr 1991 her kennt. Doch welche sozialen Folgen hätte so eine Geoengineering-Maßnahme, die, einmal in Gang gesetzt, nicht ohne weiteres wieder gestoppt werden dürfte, ohne einen verheerenden "Termination-Schock" zu riskieren, also einen sprunghaften Anstieg der globalen Temperatur?

Auf Regionen, in denen die landwirtschaftlichen Anbauzeiten kurz sind, wirkt sich eine Abschattung vermutlich katastrophal aus. Deshalb könnten einige Staaten, die über die technischen Mittel verfügen, versucht sein, Geoengineering zu dem Zweck zu verwenden, ihre hegemonialen Interessen gegenüber anderen Staaten, deren landwirtschaftliche Produktion womöglich durch die Klimabeeinflussung stärker geschädigt wird als die eigene, durchzusetzen. Auch das wurde auf der Konferenz thematisiert. Zudem wäre der Schwefel eine künstliche Luftverschmutzung, die man bisher durch Entschwefelungsmaßnahmen in Kraftwerken absichtlich reduziert hat.

Wasserfontänen in der Nähe des Scandic Hotels, Berlin Schöneberg - Foto: © 2014 by Schattenblick

Lokales "Geoengineering" zur Luftbefeuchtung urbanen Lebensraums.
Foto: © 2014 by Schattenblick


Offene Diskussionen auf breiter gesellschaftlicher Grundlage

Dies sind nur einige Andeutungen der vielschichtigen naturwissenschaftlichen und politischen Konsequenzen gezielter Methoden der Klimabeeinflussung, die auf der CEC'14 diskutiert wurden. Die Organisatoren legten Wert darauf, daß niemandem, der sich zu dem Treffen angemeldet hatte, die Tür verschlossen blieb. Den dort vertretenen zivilgesellschaftlichen Gruppen wurde zudem ein Zeitfenster eingeräumt, in dem sie über die vorgegebenen Programmpunkte hinaus eigene Sessions anbieten konnten, wenn sie wollten.

Nicht nur eine Formalie war beispielsweise, daß die ein oder zwei Verantwortlichen für jede Sitzung, in der dann jeweils mehrere Personen kurze Referate vortrugen, nicht "Chairs" (Vorsitzende), sondern "Conveners" (Einberufer) genannt wurden. Das dürfte als Absicht des Organisationsteams verstanden werden, daß die Gespräche auf Augenhöhe stattfinden sollten. Und tatsächlich erfüllte sich dieses Konzept sogar so weit, daß ein Urgestein der Klimamodellierung und Aerosolforschung wie Prof. Alan Robock [6] von der Rutgers University auf dem Podium neben dem Vertreter einer zivilgesellschaftlichen Organisation saß, der behauptete, Climate Engineering werde bereits heimlich von den Regierungen betrieben.

Wenngleich bereits in einigen Ländern Freilandexperimente zum sogenannten Geoengineering durchgeführt worden sind, ist deren Zahl und Ausmaß doch so gering, daß man mit Fug und Recht sagen kann, daß durch die Berliner Konferenz noch vor Einführung einer neuen Technologie eine gesellschaftliche Debatte angeregt wurde, die, zumindest vom Standpunkt der Organisatoren aus, in alle Richtungen offen ist.

Ein häufig zu beobachtendes Manko anderer wissenschaftlicher Konferenzen, daß den Teilnehmenden vor allem daran gelegen ist, ihre Standpunkte zu referieren, die alle anderen schon von den einschlägigen Fachpublikationen her kennen, bestimmte auf der CEC'14 viel seltener die Debatten als üblich. Gleiches gilt für die Häufigkeit von Wiederholungen, zu denen es bei solchen mehrtägigen Konferenzen oftmals dann kommt, wenn verschiedene Personen zum gleichen Thema sprechen und beispielsweise nochmals die Grundlagen ihres gemeinsamen Forschungsgebiets referieren. Da liegen auf jeden Fall noch Abkürzungen drin, damit beim nächsten Mal mehr (der viel zu knappen) Zeit für weitergehende Fragen bleibt.

Es ist den Organisatoren mit dieser Konferenz ebenfalls gelungen, den deutschen Wissenschaftskulturraum noch enger als bisher mit dem angloamerikanischen in Fragen des Climate Engineering zu verbinden. Weder war das Treffen ein deutscher Sonderweg, noch kam der angloamerikanische Wissenschaftsbetrieb daran vorbei, die Konferenz zur Kenntnis zu nehmen. Daß dies gelungen ist, hat sicherlich auch mit der integrativen Person des US-Amerikaners Mark Lawrence zu tun, dem für den wissenschaftlichen Bereich zuständigen Hauptorganisator der Konferenz und wissenschaftlichen Leiter des SIWA-Clusters [7] am IASS.

Während der gesamten Konferenz, innerhalb der Panels und Sessions ebenso wie außerhalb in den "Pausen", war häufiger eine Aufbruchstimmung zu spüren. Nicht in dem Sinne, daß in die Hände gespuckt wurde, um mit dem Geoengineering loszulegen, sondern genau umgekehrt in Richtung dessen, daß eine breite Debatte über die vielen ungeklärten ethischen, philosophischen, sozialen, politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und naturwissenschaftlichen Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, geführt werden konnte.

Blick auf den Tagebau, im Hintergrund das Kohlekraftwerk Jänschwalde - Foto: © 2014 by Schattenblick

Das fossile Energiemodell läßt den Ruf nach Geoengineering laut werden.
(Braunkohletagebau Jänschwalde, Sommer 2012)
Foto: © 2014 by Schattenblick


"Und wer ein Schöpfer sein muß im Guten und Bösen: wahrlich, der muß ein Vernichter erst sein und Werte zerbrechen."

Friedrich Nietzsche, "Also sprach Zarathustra" [8]

Von mehreren Seiten her wurde dem Organisationsteam des IASS bescheinigt, daß es mit der Ausrichtung dieser Konferenz einen Meilenstein gesetzt hat und es ihm gelungen ist, die verschiedenen gesellschaftlichen "stakeholder" - Interessenvertreter - zu einer gemeinsamen Debatte über Geoengineering zu bewegen. Dem ist zuzustimmen, sofern es den beteiligten Forscherinnen und Forschern gelingt, die Offenheit für zukünftige Treffen zu diesem Problem zu bewahren - vielleicht auch aus dem Grund, damit nicht der Alptraum Clive Hamiltons, Professor für allgemeine Ethik am Zentrum für angewandte Philosophie und Ethik (CAPPE) in Australien, wahr wird, daß eines Tages der Medienmogul Rupert Murdoch im Geoengineering eine lukrative Geschäftsidee wittert und, die destruktiven Begleitfolgen ignorierend, mit der Verwirklichung loslegt. [9]

Das Verbrennen fossiler Energieträger seit Beginn der Industrialisierung hat wesentlich zur Zunahme der Treibhausgasemissionen und als Folge davon der Erderwärmung beigetragen. Lange Zeit handelte es sich um ein unbeabsichtigtes Climate Engineering; erst in den letzten Jahrzehnten kam die globale Sichtweise auf, daß die menschengemachten Emissionen den natürlichen Treibhauseffekt der Erde verstärken. Nach wie vor nehmen die anthropogenen Treibhausgase zu - aber von "unbeabsichtigt" kann heute nicht mehr die Rede sein.

Von seiten der Industriestaaten, die historisch hauptverantwortlich für diese Entwicklung sind, wird die Zunahme der Erderwärmung in Kauf genommen, weil sie befürchten, daß ein rascher Umbau der Gesellschaft das Wirtschaftswachstum bremsen könnte. Schwellen- und Entwicklungsländer dagegen tragen den legitimen Anspruch auf eine nachholende Entwicklung vor. Die Idee, mittels eines gezielten Geoengineerings eine langfristige, dauerhafte und wirksame Klimakontrolle einzuführen, wird nun ausgerechnet aus jenen industrialisierten Gesellschaften heraus vorgeschlagen, die den Schaden verursacht haben. Das ist problematisch, erinnert das doch sehr an Friedrich Nietzsche, der in "Also sprach Zarathustra" vom Zerbrechen von Werten sprach, um schöpferisch tätig zu werden, bzw. an das heute noch in den Vorstellungen von Makroökonomen wie Edmund Phelps herumgeisternde Konzept der "kreativen Zerstörung". Phelps plädiert in einem Interview mit der "Welt" für "Risikofreude und blühendes Unternehmertum" sowie explizit für die "kreative Zerstörung", nicht etwa um die "Ungleichheit in der Welt" ein für allemal abzuschaffen, sondern um "den Wohlstand immer wieder neu" zu verteilen. [10]

Der Wirtschaftsnobelpreisträger 2006 vertritt hier eine Weltanschauung, wie sie auch bei manchen Anhängern des Geoengineerings anzutreffen sein dürfte, die allerdings auf der Konferenz kaum vertreten waren. Ist die Verzweiflung nur groß genug, um mit Cascio zu sprechen, wäre beispielsweise das Ausbringen von Schwefelpartikeln in der Atmosphäre eine hervorragende Geschäftsidee - mit langfristig gesicherten Umsatzaussichten, befände sich doch der gesamte Planet in einer Art Geiselhaft.

Innerhalb der Staatengemeinschaft werden die Leidtragenden gezielten Geoengineerings absehbar die gleichen sein, die als erstes unter den Folgen des Klimawandels leiden, nämlich die kleineren Staaten, die sich keine Anpassungs- und Kompensationsmaßnahmen leisten können und deren Ökonomie auf jede Veränderung des Klimas empfindlich reagiert. Darüber hinaus ist damit zu rechnen, daß innerhalb der jeweiligen Gesellschaften die wohlhabenderen Einwohner über mehr Möglichkeiten verfügen, sich auf den Klimawandel einzustellen, indem sie sich beispielsweise in den von Naturgewalten verschonten Gebieten ansiedeln oder weil sie ihren Lebensstandard auch in Zeiten des Mangels aufrechterhalten können. Es ist keine Frage, daß der Klimawandel und der Versuch seiner gezielten Beeinflussung durch Geoengineering eine gravierende politische und soziale Komponente birgt und über die naturwissenschaftlichen Aspekte hinaus Fragen der gesellschaftlichen Transformation, mithin sogar der vorherrschenden Eigentumsordnung berührt werden.

Vorderansicht des Hotels Scandic - Foto: © 2014 by Schattenblick

Veranstaltungsort der First International Climate Engineering Conference 2014
Foto: © 2014 by Schattenblick


Fußnoten:


[1] Z. Dt.: "... und wenn man diese Daten mit reinnimmt, steigt die Temperatur an ..."

[2] Z. Dt.: Das Anthropozän: Ein konstruiertes Zeitalter?

[3] IPCC - Intergovernmental Panel on Climate Change.

[4] Einen SB-Bericht zu der Veranstaltung an der TU Berlin lesen Sie hier:
http://schattenblick.com/infopool/umwelt/report/umrb0071.html
Dazu ein Interview mit Prof. Ottmar Edenhofer:
http://schattenblick.com/infopool/umwelt/report/umri0096.html

[5] http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/4125.pdf

[6] Lesen Sie dazu ein Interview, das der Schattenblick vor drei Jahren mit Prof. Robock zu den klimatischen Auswirkungen eines begrenzten Atomkriegs - Stichwort: Nuklearer Winter - geführt hat und das Fragen berührt, die sich auch bei einem Geoengineering stellen werden.
http://schattenblick.com/infopool/umwelt/report/umri0005.html

[7] SIWA - Sustainable Interactions with the Atmosphere

[8] Friedrich Nietzsche, "Also sprach Zarathustra", Zweiter Teil, "Von der Selbst-Überwindung".
http://www.zeno.org/Philosophie/M/Nietzsche,+Friedrich/Also+sprach+Zarathustra/Zweiter+Teil.+Also+sprach+Zarathustra/Von+der+Selbst-%C3%9Cberwindung

[9] Über diesen Alptraum berichtete Prof. Hamilton am Donnerstag, den 21. August 2014, in der Session "Strange Bedfellows - Political Contestation over SRM on the Left and Right" (Seltsame Bettgenossen - politische Anfechtungen des SRM von Links und Rechts). Im Anschluß an das Treffen sprach der Schattenblick mit dem australischen Philosophen; das Interview wird in Kürze veröffentlicht.

[10] http://www.welt.de/wirtschaft/article131569597/Wir-brauchen-in-Europa-die-kreative-Zerstoerung.html

26. August 2014