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BERICHT/143: Meeresnutzung - Überfischung darstellbar ... (SB)



Lange Zeit dachte man, die Weltmeere und insbesondere ihre lebenden Ressourcen, Fische und Meerestiere, seien unerschöpflich. Angesichts der schieren Größe der Ozeane hielt man es für unvorstellbar, daß der Mensch den "blauen" bzw. "flüssigen Kontinent", wie er von den pazifischen Inselbewohnern genannt wird, nennenswert beeinflussen oder gar leerfischen könnte. Tatsächlich scheinen die vom Menschen durch rücksichtslose Nutzung und zerstörerische Ausbeutung vorangetriebenen Veränderungen des Lebensraums Meer nur schleichend abzulaufen, was u.a. auch daran liegt, daß Veränderungen im Meer nur mit großem Aufwand meß- und wahrnehmbar sind. Schon deshalb wäre es eigentlich zwingend notwendig, sich nicht nur einmal im Jahr wie etwa traditionell am 8. Juni durch Veranstaltungen und Beiträge zum "Tag des Meeres" über den derzeitigen Status quo der Meeresforschung und -politik zu informieren. Wenn es aber bei einem Mal bleibt, dann sollte der Wissensaustausch möglichst umfassend und ungeschönt stattfinden, so daß sich Laien und Experten ein realistisches Bild machen können.


Arbeiter entfernen die Flossen an 75 Tonnen Blauhai auf dem Dock einer industriellen Haifischflossenfabrik in Japan. - Foto: © 2010 by Alex Hofford, Greenpeace/Marine Photobank

Fischereiliche "Bewirtschaftung" ist ein globales Problem.
Foto: © 2010 by Alex Hofford, Greenpeace/Marine Photobank

Dafür schuf das zivilgesellschaftliche Bündnis aus Brot für die Welt, Fair Oceans und Forum Umwelt & Entwicklung auch in diesem Jahr wieder die Gelegenheit und lud am 8. Juni 2018 Vertreter aus Bundesministerien, Regierungsinstitutionen und der Zivilgesellschaft als Referenten in die Landesvertretung Bremen in Berlin ein. In den drei Themenblöcken "Internationale Meerespolitik", "Tiefseebergbau", über die wir schon berichteten [1] und "Fischereimanagement im Spannungsfeld von Ernährungssicherheit und Meeresschutz" sollten die Problemfelder der "Weltmeere zwischen Umwelt und Entwicklung", so der Titel der Konferenz, vorgestellt und mit Gästen erörtert und kritisch hinterfragt werden. Vielleicht dem guten und reichhaltigen Mittagstisch geschuldet, wie einer der Referenten witzelte, oder weil einige der dringendsten Fragestellungen bereits in vorangegangenen Themenblöcken ausdiskutiert worden waren, da sie sich aufgrund des verbindenden, salzwasserhaltigen Elements nie isoliert betrachten lassen, war offenbar gerade dem letzten Panel, in dem es endlich um die Bewohner der marinen Wohnstube gehen sollte, ein bißchen der Wind aus den Segeln genommen worden.


Foto: © 2018 by Schattenblick

Panel zum Fischereimanagement im Spannungsfeld von Ernährungssicherheit und Meeresschutz.
von links nach rechts: Friederike Sorg (GIZ), Francisco Marí, Bruno Hoffstadt (BMEL), Kim Detloff (NABU) und Christoph Spehr (Moderator)
Foto: © 2018 by Schattenblick

Während der Vertreter des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung kein Problem darin sieht, die von den europäischen Mitgliedsstaaten unterzeichnete Verpflichtung, die Überfischung bis 2020 zu beenden, mit den geltenden Regelungen und Verordnungen des Gemeinsamen Fischereipolitik-Managements auch zu schaffen, sieht die Praxis völlig anders aus: Noch immer sind 40 Prozent der Bestände überfischt. Und Umweltverbände mußten unlängst durch den Beschluß des Europäischen Gerichtshof erfahren, daß die Instrumente der EU-Fischereipolitik bestens dafür geeignet sind, sowohl den Meeresschutz in bereits beschlossenen Schutzzonen wie auch den Prozeß der Umsetzung zweier Meeresschutzprogramme zu verhindern. Gefährdete Arten sind nicht geschützt, in deutschen Schutzzonen läßt sich die internationale Nutzung nicht rechtlich ausschließen und zahlreiche Gesetzeslücken gewährleisten weiterhin die Ausbeutung der Fischbestände sogar unter dem Siegel der Nachhaltigkeit.

Es schien aufgrund des geringen Widerspruchs in der anschließenden Diskussion insgesamt ein Konsens zwischen den ersten drei Referenten zu bestehen, daß sich die deutsche Fischereipolitik, soweit sie die Seefischerei betrifft, voll harmonisiert in die Gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union integriert habe. Letztere weise zwar an einigen Stellen noch Nachbesserungsbedarf auf, würde sich aber - wie Bruno Hoffstadt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft betonte - doch spätestens seit der jüngsten Reform 2013 mit einem relativ nachhaltigen, rechtlichen Instrumentarium insgesamt auf einem guten Wege in die Zukunft befinden. Sein Credo, daß eine nachhaltige Fischerei und Meeresschutz komplementär seien, in dem sie sich gegenseitig verstärken, wurde abgesehen vom letzten Referenten, Kim Detloff (NABU), von keinem der Anwesenden in Frage gestellt. Möglicherweise liegt dies aber bereits an dem geradezu inflationär benutzen Begriff der Nachhaltigkeit, der von Umweltschützern bis zu Wirtschaftsexperten nach eigenem Gutdünken interpretiert und eingesetzt wird.

Wenn man nur einmal den Internetauftritt des fraglichen Ministeriums zugrunde legt, dann ist das Thema "nachhaltige Fischerei" unter den vielen dort vertretenen Schwerpunkten und Zielen in Wahrheit nur ein "ganz kleiner Fisch" für die amtierende Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Nachhaltige deutsche Fischerei versteckt sich unter zahlreichen anderen Problemkreisen der Forstwirtschaft, wie nachhaltige Waldwirtschaft, wie internationale Waldpolitik, Holz- oder Jagdthematiken als ein marginales Kleinod, das nur 24 Prozent der notwendigen Versorgung mit Fisch und Meeresfrüchten sicherstellt. [2] Bedenkt man, daß die deutschen Fischer laut einer kürzlich erschienenen Meldung der "Neuen Osnabrücker Zeitung" im vergangenen Jahr allein über 256.000 Tonnen Fisch im Gesamtwert von fast 260 Millionen Euro gefangen haben, scheint die Bedeutung der Fischerei für die Ernährung als Unterkategorie der Forstwirtschaft zumindest im zuständigen Ministerium nicht angemessen wertgeschätzt zu werden, auch wenn es sich nur um knapp ein Viertel des Bedarfs handelt. Vielleicht erklärt das den forschen Umgang von Ministerialbeamten mit dem Thema, Fischbestände per Dekret oder Codex als gesichert zu erklären, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.


Schaubild erklärt die verschiedenen Instrumente des Gemeinsamen Fischereipolitikmanagements (Regeln, Anlandeverpflichtung, Förderung und Kontrolle) und was damit erreicht werden soll (MSY, Wissenschaftliche Politikberatung, Regionalisierung und Mehrjahrespläne). - Grafikquelle: © 1995 - 2018 by Europäische Union

Bis 2020 wird alles gut!
Der regulative Werkzeugkasten der EU
Grafikquelle: © 1995 - 2018 by Europäische Union

Laut Bruno Hoffstadt zumindest sollen die derzeit geltenden Fischerei-rechtlichen Regelungen und Verordnungen seit der letzten EU-Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik 2013 zusammen mit der gemeinsamen Marktorganisation für Fischereierzeugnisse (GMO) [3], dem Förderinstrument des europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) [4], der Fischereikontrollverordnung sowie der Verordnung zur Bekämpfung der IUU-Fischer [5] bisher ausgereicht haben, um die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände in den Unionsgewässern "deutlich zu verbessern", Rückwurfverbote zu implementieren sowie die Verbraucher besser über die Herkunft und den Fang bzw. Aufzuchtbedingungen der Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur zu informieren.

Mit dem bewährten Instrumentarium der Mehrjahrespläne zur Bewirtschaftung der Ressourcen und den neu eingeführten Anlandeverpflichtungen für die quotierten Arten, sieht Hoffstadt zudem kein Problem darin, die eingegangene Verpflichtung, bis spätestens 2020 eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereibestände in den Unionsgewässern nach dem Grundsatz des höchstmöglichen Dauerertrages (dem Maximal Sustainable Yield (MSY)) sicherzustellen, auch tatsächlich zu schaffen. Auch dieser Prognose wurde nicht widersprochen. Dabei sind laut des jüngsten Berichts des STECF, dem wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Gremium, das die EU Kommission zur Fischerei berät, 40 Prozent der Fischbestände im Nord-Ost-Atlantik immer noch überfischt, im Mittelmeer sogar 90 Prozent. [6] Zudem werden Millionen von Fischen, sogenannter Beifang, wie Abfall ins Meer entsorgt, trotz Rückwurfverbots und Anlandegebots, um die Quoten mit solchen Fischen zu füllen, die höhere Preise am Markt erzielen. Ein Beispiel dafür, das wohl jedem an der marinen Umwelt Interessierten noch lange im Gedächtnis bleiben wird, ist die unlängst veröffentlichte Dokumentation über das vermeintlich Nachhaltigkeit besiegelnde MSC-Zertifikat, mit dem die Industriefischerei Augenwischerei betreiben kann, um letztlich weiter wie bisher die Meere leerzuräumen. [7] Vielleicht sollten in diesem Zusammenhang auch schon der Mangel an ausreichenden Schutzzonen in den Europäischen Meeresgebieten genannt werden, der erst im letzten Vortrag des Meeresschutzexperten erwähnt wurde. Nur 9 Prozent des Einzugsbereichs der EU sind als Schutzzonen ausgewiesen [8]. Das sind 21 Prozent weniger als die von Meeresbiologen dringend empfohlenen 30 Prozent [9]. Außerdem existieren viele dieser Meeresschutzgebiete nur auf dem Papier, da ihre Nutzung aufgrund gültigen EU-Rechts nicht mehr ausgeschlossen werden darf. [10] Hier sah vor allem Kim Detloff noch einigen Nachbesserungsbedarf (s.u.).

Kritik an einigen Details wurde auch von Franzisco Marí geübt, der als Referent für Welternährung beim evangelischen Entwicklungsdienst Brot für die Welt tätig ist und einen Vortrag über "Kleinfischerei in der internationalen Fischereipolitik" hielt. Doch zeigte er sich mit den Ergebnissen der Fischereipolitikreform und mit der Umsetzung der Fischereiverträge der Europäischen Union im großen und ganzen zufrieden. Einige der billateralen Regelungen führten allerdings seiner Ansicht nach dazu, daß ein größerer Fischüberschuß auf dem Papier erscheint, als tatsächlich existiert. Fische kennen keine Staatsgrenzen und könnten auf ihrer Wanderung durch AWZs mehrfach gezählt werden.


Ein Schaubild im Vortrag von Francisco Mari zeigt die Wanderungen einer Sardinelle durch Westafrika. - Foto: © 2018 by Schattenblick

Fischüberschuß auf dem Papier.
Sind billaterale Fischereiverträge noch zeitgemäß?
Foto: © 2018 by Schattenblick

Darüber hinaus seien mit den Leitlinien der FAO Denkanstöße gegeben worden, deren Umsetzung von den Staaten in verbindliche, nationale Gesetzgebung jedoch nur zögerlich vorankomme. Marí, der u.a. die "Fischerei-Transparenzinitiative" unterstützt [11], gab zu bedenken, daß Regeln und Verordnungen allein nicht ausreichen, wenn man keine Übersicht darüber hat, was tatsächlich in der Fischerei geschieht. Anders als auf dem Land, ließe sich nicht so leicht nachvollziehen, ob beispielsweise garantierte Nutzungsrechte (z.B. von Kleinfischern) von anderen industriellen Unternehmungen oder Industriefischern mißachtet oder mißbraucht würden. Selbst wenn man hierzulande über verschiedene Erdbeobachtungssatelliten auch Einblick in Umweltveränderungen der Meere nehmen könnte, so ließe sich damit nicht feststellen, was und wie gefischt wird. Selbst die Smartphone App, mit der jedermann bereits die Standorte der Europäischen Flotte im Internet verfolgen könne, helfe da nicht weiter.

So blieb - da der Vortrag über "Ansätze zur Förderung der nachhaltigen Fischerei und Aquakultur in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit" von Friederike Sorg (GIZ) [12] ohnehin wenig bis keine Berührungspunkte zu Problemen der Gemeinsamen Fischereipolitik der Europäischen Union hatte, eine gründlichere Kritik dem letzten Referenten, Kim Detloff (Naturschutzbund Deutschland) vorbehalten, der deutlich machte, daß zwischen Meeresschutz und Fischerei noch eine gewaltige Schieflage besteht.


Hunderte von Thunfischen in einem gigantischen Netz, aus dem ein Taucher versucht, unerwünschten Beifang z.B. Delphine zu befreien. - Foto: © 2010 by Alex Hofford, Greenpeace/Marine Photobank

Das Kompressortauchen gilt für Menschen als gefährlichste Fangmethode.
Foto: © 2010 by Alex Hofford, Greenpeace/Marine Photobank

Zum einen liefen die beiden großen Meeresschutzprozesse in Europa und Deutschland, die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und die Umsetzung des Natura 2000 Netzwerkes, die sich derzeit beide in einer entscheidenden Phase befinden, mehr oder weniger nebeneinander her, statt kohärent zusammengeführt zu werden. Die Entscheidung, in Deutschland beide Meeresschutzprozesse nacheinander in nationales Recht umzuwandeln und nicht gleichzeitig, habe beispielsweise dazu geführt, daß Nischen entstünden, in die bestimmte Arten wie Haie oder Rochen fallen, die durch die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie geschützt wären aber nach der Verfahrensrichtlinie nicht. Zudem können bestimmte Schutzinstrumente wie Nullnutzungszonen nicht wirksam werden, so daß man eine Nutzung in Schutzgebieten - wie etwa bei Windkraftanlagen - nicht ausschließen könne.

Im Gegensatz zu seinen Vorrednern hatte Kim Detloff durchaus grundsätzliche Bedenken, was das Gemeinsame Fischereipolitikmanagement für den Meeresschutz in deutschen Gewässern bedeutet. Im Vergleich zu anderen Partnern in der EU sei Deutschland hierin trotz aller Kritik ambitioniert. Doch einige gute Ansätze hierzulande würden im Prozeß der Schengen-Gruppe von anderen Mitgliedsstaaten wie Dänemark in Frage gestellt, so daß man es mit einem komplexen Prozeß des Verzögerns, Verwässerns und letztlich Blockierens zu tun habe. Niemand könne sagen, ob im Herbst die angestrebten und zwingend notwendigen Maßnahmen noch im Ansatz dastehen würden, die in Deutschland entworfen worden sind, um den Zielen von Natura 2000 zu entsprechen.

Kim Detloffs Befürchtungen, daß sich EU-Fischereipolitik und Meeresschutz nicht so einfach zusammendenken lassen, wie es vom BMEL behauptet wird (s.o.), und die er anhand eines akuten Beispiels unterstrich, haben sich im Anschluß an die Veranstaltung bewahrheitet. So hatte der NABU gemeinsam mit anderen deutschen Umweltschutzverbänden BUND, DUH, Greenpeace, WDC, WWF und dem Dachverband DNR gegen die Verwendung von Stellnetzen und die bodenberührende Fischerei geklagt. Beide Methoden sind als extrem umweltschädlich bekannt, werden aber bis heute großflächig auch innerhalb von Schutzgebieten eingesetzt. Die Grundsatzfrage der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Fischerei und Naturschutz wurde quasi dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung übertragen. Bereits im Januar hatte eine Anhörung ergeben, daß der Generalanwalt des EuGH laut der geltenden Rechtsauffassung die Ansicht vertritt, daß der Artikel 11 der Fischereigrundverordnung der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) ausreicht. Die Verpflichtung zu Umsetzung der FFH-Richtlinie würde davon nicht - wie befürchtet - eingeschränkt oder verdrängt. Mangels politischen Willens werden auf diese Weise Jahr für Jahr Tausende Seevögel und Schweinswale zum Tod verurteilt, als ungewollter Beifang in Stellnetzen. Lebensräume am Meeresboden können weiterhin durch Grundschleppnetze zu marinen Wüsten abradiert werden. All dies ist laut EU-Recht in Meeresschutzgebieten möglich, die seit mehr als 10 Jahren zum Schutz dieser Tiere eingerichtet wurden.

Inzwischen hat der EuGH auch abschließend geurteilt, daß die Einhaltung der europäischen Naturschutzvorschriften in Meeresschutzgebieten weitgehend über die im Fischereirecht vorgesehenen Verfahren gewährleistet werden muß. Demzufolge dürfen die nationalen Naturschutzbehörden in vielen Fällen keine eigenständigen Naturschutzmaßnahmen anordnen, die zu Einschränkungen der Fischerei führen würden. [10, 13] Das heißt im Klartext: Deutschland darf die Aktivitäten von Fischern innerhalb von Schutzgebieten in der deutschen Wirtschaftszone nicht selbstständig beschränken. Nahezu alle Vorschläge zur Regulierung bestimmter Fangmethoden oder zeitlich-räumliche Begrenzungen müssen mit den EU-Nachbarstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik verhandelt werden. Soviel zum Tag der Ozeane.

Fazit: Die europäischen Mitgliedsstaaten haben sich mit der Unterzeichnung der Gemeinsamen Fischereipolitik dazu verpflichtet, die Überfischung bis 2020 zu beenden. Was die eingangs behauptete Komplementarität oder gar synergistische Förderung von Fischerei und Meeresschutz angeht, so scheinen die versprochenen Ziele noch in unerreichbarer Ferne zu liegen.

Die Gemeinsame Fischereipolitik der EU steht damit nicht allein. Auch global gesehen dürfte die fischereiliche "Bewirtschaftung" eines der schlimmsten Beispiele von Habgier und Gewinnstreben gekennzeichneter, menschlicher Mißwirtschaft darstellen. Die Unmenge von internationalen Steuerungsinstrumenten scheint Praktiken wie die Illegale, nicht gemeldete und nicht regulierte Fischerei (IUU-Fischerei) in Verbindung mit destruktiven Fangtechniken und verschwenderischem Beifang nicht Einhalt gebieten zu können, so daß sich zunehmend die Frage aufdrängt, inwieweit die Unübersichtlichkeit der hochgelobten Werkzeuge nicht letztlich sogar die vermeintlich bekämpften Praktiken unterstützt oder verschleiert.


Der Lingcod (Ophiodon elongatus) auf diesem Foto schwamm in ein in Felsen verhaktes Netz, aus dem er nicht entkommen konnte. - Foto: © by Pete Naylor, uwphoto.geckoworks.com 2005/Marine Photobank

Auch vergessene Fischnetze fischen immer weiter.
Foto: © by Pete Naylor, uwphoto.geckoworks.com 2005/Marine Photobank

Darüber hinaus werden empfindliche marine Ökosysteme trotz Abschluß des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) weiterhin systematisch zerstört, vergiftet oder vermüllt und für marine Lebensformen unbewohnbar gemacht. Dieser Zustand wird für Meeresbewohner durch den ebenfalls menschengemachten Klimawandel mit seiner fortschreitenden Versauerung, aber auch durch eine Zunahme der sauerstoffverarmten sogenannten Todeszonen noch verschlimmert, nicht zuletzt deshalb, weil toxische Reaktionen und Prozesse bei zunehmender Wärme bekanntlich schneller ablaufen. Eingebrachte Umweltgifte könnten eine bisher noch unerforschte und uneinschätzbare Dimension der Schädlichkeit für diesen Lebensraum mit sich bringen, sofern der Mensch ihn nicht bereits zuvor sämtlichen Lebens beraubt hat. Soviel zum Tag der Fische [14].


Anmerkungen:


[1] http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0140.html
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0142.html

[2] https://www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/wald-fischerei-node.html;jsessionid=35DB69F2723F35DED719A7B251497C4A.1_cid376

[3] mehr zum Thema Gemeinsame Fischereipolitik (GFP/CFP):
https://ec.europa.eu/fisheries/cfp_de
und GMO
https://ec.europa.eu/fisheries/cfp/market_de

[4] EMFF / EFF
https://ec.europa.eu/fisheries/cfp/emff_de

[5] IUU
https://ec.europa.eu/fisheries/cfp/illegal_fishing_de

[6] Scientific, Technical and Economic Committee for Fisheries - 54th Plenary Report - European Commission;
https://stecf.jrc.ec.europa.eu/documents/43805/1672821/2017-04_STECF+PLEN+17-01_JRC106580.pdf (03/10/17)

[7] Eine eindrückliche ARD-Dokumentation zum Thema läßt sich hier abrufen:
https://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Das-Gesch%C3%A4ft-mit-dem-Fischsiegel/Das-Erste/Video?bcastId=799280&documentId=51891082

[8] https://www.eea.europa.eu/publications/marine-protected-areas-in-europes

[9] http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0094.html

[10] https://www.dnr.de/eu-koordination/eu-umweltnews/2018-wasser-meere/eugh-urteil-ist-rueckschlag-fuer-meeresschutz/

[11] http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0279.html

[12] http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0278.html

[13] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=202841&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=445564

[14] https://www.kuriose-feiertage.de/tag-der-fische/


Bisher im Schattenblick zur Konferenz anläßlich des "Tags der Ozeane 2018" unter INFOPOOL → UMWELT → REPORT erschienen:

BERICHT/140: Meeresnutzung - Schutzaufwände ungenügend ... (SB)
BERICHT/142: Meeresnutzung - scheingeschützter Tiefseeboden ... (SB)

INTERVIEW/277: Meeresnutzung - Recycling und andere Auswege ...    Marie-Luise Abshagen im Gespräch (SB)
INTERVIEW/278: Meeresnutzung - Sofortmaßnahmen unverzichtbar ...    Friederike Sorg im Gespräch (SB)
INTERVIEW/279: Meeresnutzung - Überfischung ...    Francisco Marí im Gespräch (SB)


22. August 2018


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