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LANDRAUB/048: Brasilien - Bergarbeiter und Holzfäller nehmen unter dem Schutz von Corona das Land unkontaktierter Völker ins Visier (Survival)


"Survival International" - Deutsche Sektion - 15. Mai 2020

Bergarbeiter und Holzfäller nehmen unter dem Schutz von Corona das Land unkontaktierter Völker ins Visier


Einige der am stärksten gefährdeten unkontaktierten Völker der Welt werden zur Zielscheibe von Bergarbeitern und Holzfällern, die durch die Covid-19-Pandemie ein leichteres Spiel haben.

- Im brasilianischen Javari-Tal, der Heimat von mehr unkontaktierten Völkern als irgendwo sonst auf dem Planeten, sind Goldgräber mit einem großen Bagger in die Region des Rio Jutaí eingedrungen, das Gebiet der unkontaktierten Korubo.

- Das Ituna Itata-Territorium, in dem bekanntermaßen unkontaktierte Indigene leben, wird derzeit von Siedlern überfallen. Es war bereits 2019 das am stärksten abgeholzte indigene Territorium.

- Das Reservat der Uru Eu Wau Wau wird von Holzfällern und Farmern ins Visier genommen. Es ist bekannt, dass dort drei unkontaktierte Gruppen leben. Ein Wächter des Waldes, Ari Uru Eu Wau Wau, wurde dort letzten Monat ermordet.

- Banden illegaler Holzfäller zerstören den Wald im Gebiet Arariboia im nordöstlichen Amazonasgebiet. Dieser Wald ist die Heimat der unkontaktierten Awá - dem bedrohtesten Volk der Welt. Die Wächter Amazoniens beobachten die Entwicklungen besorgt, da die Regierung untätig ist.

Diese und andere indigene Gebiete in Brasilien sind dreifach bedroht:

- Die Regierung von Präsident Bolsonaro hat Schritte unternommen, um die Bundesbehörden, die zuvor indigenes Land im Amazonasgebiet geschützt haben, drastisch zu schwächen;

- Viele der Teams, die dafür verantwortlich sind, Eindringlinge aus den Gebieten unkontaktierter Völker fernzuhalten, sind nicht voll einsatzfähig;

- Ein konzertierter Vorstoß des Präsidenten zur Öffnung von indigenen Territorien befördert eine Welle von Landnahmen.

Präsident Bolsonaro drängt mit Nachdruck darauf, dass der Kongress seinen Präsidialerlass MP910, bekannt als "das Gesetz zum Landraub", billigt. Es würde dazu führen, dass große Teile des Landes der Indigenen zur kommerziellen Ausbeutung zugänglich würden. Ein Versuch, den Kongress dazu zu bewegen, diese Woche darüber abzustimmen, wurde blockiert. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass der Vorstoß nächste Woche in anderer Form in den Kongress eingebracht wird.

Neben vielen indigenen Völkern und Organisationen hat Survival International sich bei führenden Politiker*innen in Brasilien dafür eingesetzt, den Erlass zu blockieren, und sich an Twitter-Marathons beteiligt, die sich an Mitglieder des Kongresses richteten.

UNIVAJA, die indigene Organisation des Javari-Tals, erklärte: "Wir durchleben wegen der Corona-Pandemie eine Zeit großer Angst. In dieser für unsere Familien und die gesamte brasilianische Gesellschaft sensiblen Zeit dringen kriminelle Handlanger weiterhin in unser Gebiet ein, mit der Wahrscheinlichkeit, auf unkontaktierte Indigene im Gebiet des Javari-Tals zu treffen."

Fiona Watson, Leiterin der Forschungsabteilung von Survival, sagte heute: "Was mit den indigenen Völkern in Brasilien geschieht, ist nicht weniger als ein umfassender, völkermörderischer Angriff. Unzählige Gebiete indigener Völker werden mit der Unterstützung einer Regierung überfallen, die die ersten Völker des Landes vollständig zerstören will und keinen Versuch unternimmt, dies zu verbergen. In den nächsten Monaten ist mit einer weiteren verheerenden Welle von Waldbränden zu rechnen, da die Trockenzeit im Amazonasgebiet beginnt und die nächsten Phasen von Bolsonaros 'Völkermord durch Gesetze' bevorstehen".

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Quelle:
Pressemitteilung vom 15. Mai 2020
Survival Deutschland
Haus der Demokratie und Menschenrechte
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2020

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