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MELDUNG/107: EU-Kommission erhöht Druck, Bewirtschaftungsplan für Werra und Weser verletzt Richtlinie (WWA)


Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V. - Pressemitteilung, 16. November 2015

Werra-Weser-Versalzung/Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

Der Bewirtschaftungsplan für Werra und Weser verletzt die Wasserrahmenrichtlinie - EU-Kommission erhöht den Druck


Im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens wegen der Nicht-Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) in Werra und Weser hat die EU-Kommission erneut ein Mahnschreiben an die Bundesregierung gerichtet. Sie betont, dass Deutschland im vielfacher Hinsicht gegen die Vorschriften der Wasserrahmenrichtlinie verstoßen hat.

Ihre bisherige Kritik hat die Kommission auf den Bewirtschaftungsplan 2015-2021 für Werra und Weser ausgedehnt. Sie ist der Meinung, dass die im Bewirtschaftungsplan vorgesehene Aufhebung der Wasserrahmenrichtlinie nicht ausreichend begründet ist und dass nicht plausibel gemacht wird, dass die selbst gesetzten Zielwerte erreicht werden können.

Auf diesen Plan hatten sich die grünen Umweltminister der Anrainerländer im März 2015 geeinigt. Er setzt den "Vierphasenplan" der K+S AG um und sieht vor, die Qualitätsziele der Wasserrahmenrichtlinie und ihre Umsetzungsfristen nicht zu beachten. Noch weit über das Jahr 2075 hinaus sollen die Flüsse mit den giftigen Abfallsalzen der K+S Kali GmbH belastet bleiben.

Anrainer in Brüssel

Vertreter der Werra-Weser-Klägergemeinschaft und der Werra-Weser-Anrainerkonferenz hatten im Sommer 2015 erneut die EU-Kommission besucht und den Beamten der Generaldirektion Umwelt ihre Kritik am Bewirtschaftungsplan 2015-2021 vorgetragen. Nach unserer Ansicht liegen die rechtlich notwendigen Voraussetzungen nicht vor, um die Ziele und Fristen der Wasserrahmenrichtlinie aussetzen zu können. Außerdem reichen die im Bewirtschaftungsplan aufgezählten Verfahren noch nicht einmal aus, um die selbst gesetzten - und völlig unzureichenden - Zielwerte des Plans zu erreichen. Das Mahnschreiben vom 22.10.2015 deutet darauf hin, dass die Kommission auch im Hinblick auf die jetzige Planungsperiode die Rechtsauffassung der Anrainer teilt.

Auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 01.07.2015 bestätigt diese Position. Der EuGH hat festgelegt, dass ein Eintrag von Abfällen in Gewässer schon dann gegen das Verschlechterungsverbot verstößt, wenn die betroffenen Gewässer der schlechtesten Qualitätsstufe zuzuordnen sind. Davon sind die K+S-Entsorgungswege "Aufhaldung von festen Rückständen", "Verpressung von salzhaltigen Abwässern in den Untergrund" und deren "Einleitung in die Werra" betroffen. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht möglich, Ausnahmeregelungen in Anspruch zu nehmen.

Die Kommission hat der Bundesregierung bis zum 22.12.2015 Zeit gegeben, um ihre Bedenken auszuräumen. Zu diesem Datum muss auch der Bewirtschaftungsplan 2015-2021 vorgelegt werden, nachdem er die Offenlegungsphase durchlaufen hat. Die Kommission hat damit deutlich gemacht, dass sie den bisherigen Entwurf nicht für zustimmungsfähig hält. Die Konsequenz wäre, die Bundesrepublik vor dem EuGH zu verklagen, weil sie ihre Verpflichtungen als Mitgliedsstaat der Europäischen Union nicht erfüllt hat.

Versagen der Politik

Die Kritik der EU-Kommission an dem Bewirtschaftungsplan betrifft auch die von der Hessischen Umweltministerin Priska Hinz (B'90/Die Grünen) beabsichtigte Fortführung der Laugenverpressung. Der Bewirtschaftungsplan sieht vor, diesen Entsorgungsweg weiter zu genehmigen, bis K+S zu einem bis her unbestimmten Zeitpunkt nach 2021 eine Abwasserpipeline an die geplante Verklappungsstelle an der Oberweser gebaut hat. Die Laugenverpressung ist für K+S notwendig, um seine Entsorgungspolitik fortsetzen zu können und weil das Unternehmen seit Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie (2000) nichts unternommen hat, um den Vorschriften der Richtlinie zu genügen.

Die vorige Hessische Umweltministerin Puttrich (CDU) hatte K+S im Jahre 2011 "letztmalig" die Laugenverpressung erlaubt, allerdings unter der Voraussetzung, dass K+S bis Dezember 2013 die Unbedenklichkeit dieses Entsorgungswegs mit einem "kalibrierten Grundwassermodell" nachweist. Ihre Nachfolgerin Priska Hinz (B'90/Die Grünen) hat aber die sich bietende Chance nicht ergriffen, als K+S den geforderten Unbedenklichkeitsnachweis nicht (und auch bis heute nicht) erbracht hat, vielmehr lässt sie tatenlos zu, dass durch Laugenverpressung das Grundwasser weiter verschlechtert und Trinkwasservorkommen bedroht werden.

"Wir sehen darin ein bedauerliches Versagen der Landespolitik. Was möglicherweise dem Schutz der heimischen Kali-Industrie dienen sollte, entwickelt sich zur Lähmung des Unternehmens, wenn es sich nicht veranlasst sieht, technische Entwicklungen aufzugreifen, um so die Vorgaben der EU-WRRL um zusetzen. Und es könnte den Standort gefährden, wenn ein Urteil des EuGH einige Entsorgungswege der K+S Kali GmbH schließt", so Dr. Walter Hölzel, Vorsitzender der Werra-Weser-Anrainerkonferenz.



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Die Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V. ist ein Zusammenschluss von Kommunen, Verbänden, Vereinen und Wirtschaftsunternehmen, die als Anrainer von Werra und Weser von der Versalzung der Flüsse durch die Abwässer der Kali-Industrie betroffen sind. Dr. Walter Hölzel ist Erster Stadtrat in Witzenhausen und Vertreter der Stadt in der WWA e.V.

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Quelle:
WWA, Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V.
Pressemitteilung, 16.11.2015
Tel. 05545/95 01 08
E-Mail: WWA.eV@web.de
www.wasser-in-not.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. November 2015

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