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GESCHICHTE/034: Der Führer als "höllischer Messias" (ha)


humanismus aktuell - Hefte für Kultur und Weltanschauung - Nr. 19 - Herbst 2006

Der Führer als "höllischer Messias"

von Horst Junginger


Die Religiosität Adolf Hitlers und das Irrationale in der Interpretation des Nationalsozialismus

Landläufige Urteile

Aus Anlass der Wiederkehr des 100. Geburtstages von Adolf Hitler (1889- 1945) wurden zahlreiche Publikationen aufgelegt, die das Leben und Wirken des deutschen Diktators neu thematisierten. In diesem Zusammenhang setzte auch eine verstärkte Beschäftigung mit Hitlers religiösen Ansichten und ihrer Bedeutung für die Politik des Dritten Reiches ein.

Ein Spiegel-Sonderheft versammelte 1989 die Stellungnahmen von 37 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, in denen viele der einschlägigen religiösen Metaphern zur Sprache kamen, mit denen gemeinhin die rätselhafte Seite Hitlers und das Unbegreifliche seines Erfolges beschrieben wird. [1] Willy Brandt bezeichnete Hitler dort als einen "maßlos unterschätzten Teufel", für Golo Mann war er ein "Atheist reinsten Wassers", dem es aber gleichwohl gelang, die Vorsehung für seine politischen Ziele zu instrumentalisieren.

Martin Broszat sprach von einer "pseudoreligiösen Führer- Heilserwartung", Ernst Nolte erklärte Hitler zur Folge eines "chiliastischen Gewaltkommunismus" und Pavel Kohut sah in Hitler einen Teufel, der durch den Beelzebub Stalin abgelöst wurde. Die schönste Formulierung entstammt aber der Feder des Erlanger Historikers Michael Stürmer, der Hitler einen "höllischen Messias" nannte. [2]

Sehr deutlich zeigt sich an diesen religiösen Metaphern, dass der nicht weiter erklärte Rückgriff auf Religion dem Publikum den geheimnisvollen, sonst unerklärlichen Hitler nahe bringen soll. Die religiöse Erklärung setzt nicht umsonst gerade da ein, wo die rationale aufhört, und erst die metaphysische Qualität verleiht Hitler die Fähigkeit, Ursache sonst unerklärbarer historischer Prozesse zu sein. Durch die Dämonisierung Hitlers wird sein Verhalten einem Bereich zugewiesen, der mit normalen Maßstäben nicht mehr erfasst werden kann.

Das am Häufigsten für Hitler gebrauchte metaphysische Attribut ist in der Tat "dämonisch". Damit soll aber nicht nur zum Ausdruck gebracht werden, dass Hitler ein besonders schlechter Mensch gewesen war. Vielmehr wird sein Verhalten auf eine religiöse Interpretationsebene verschoben und somit einer politischen Verantwortlichkeit entrückt.

Quellenlage in den 1950ern

Hitlers Verortung im Rahmen einer politischen Dämonologie bildete sich sehr früh als einflussreiches Interpretationsschema in der deutschen Nachkriegsgesellschaft heraus. Besonders die schon zu Hitlers Lebzeiten erschienenen Bücher Hermann Rauschnings verbreiteten das Bild vom dämonischen Wesen des Führers. Der Danziger Senatspräsident Rauschning, NSDAP-Mitglied seit 1926, hatte sich nach Streitigkeiten mit seinem Gauleiter vom Nationalsozialismus abgewandt und seine Kritik am Dritten Reich 1938 als Revolution des Nihilismus publik gemacht. [3]

Rauschning führte den Sieg des Nationalsozialismus auf die Entchristlichung Deutschlands zurück, die schließlich die nationalsozialistische Revolution des Nihilismus hervorgebracht habe. Mit seiner These vom Glaubensabfall folgte Rauschning einem klassischen Topos religiöser Geschichtsdeutung, der auf die Rückkehr zum Status quo ante abzielt. Nicht zuletzt deswegen erregte seine Faschismuserklärung aus konservativ-bürgerlicher Perspektive große Aufmerksamkeit.

Im demokratischen Ausland sah man es nicht ungern, dass sich endlich ein führender Konservativer gegen Hitler zu Wort meldete und es hieß sogar, Rauschning hege Ambitionen auf die Führung einer Exilregierung. Einen noch größeren Erfolg erzielte Rauschning, als er zwei Jahre später seine Gespräche mit Hitler veröffentlichte. [4]

Die Erwartung, von einem Insider authentisches Material über Hitlers Denken zu erhalten, bescherte dem Buch hohe Verkaufszahlen und ließ es zu einem der meistverkauften Werke der deutschen Emigrantenliteratur werden.

Allerdings erwies sich die von Rauschning ganz bewusst in den Vordergrund gestellte Authentizität seiner Begegnungen mit Hitler als grobe Irreführung. Die angeblich authentischen Äußerungen Hitlers basierten auf nachträglichen Zusammenfassungen von Notizen, die sich Rauschning im Anschluss an seine (nicht datierten) Gespräche mit Hitler gemacht hatte.

In einem späteren Brief an den Kölner Historiker Schieder gab Rauschning auch unumwunden zu, dass seine Gesprächswiedergaben aus einer Kompilation verschiedenster Quellen bestand. Sogar Mitteilungen anderer über Hitler seien von ihm eingearbeitet worden. [5] Mit Recht wurde deshalb Rauschnings Buch der Status einer seriösen Geschichtsquelle bestritten, woran auch ein neuerdings unternommener Rehabilitierungsversuch nichts zu ändern vermag. [6]

In welchem Ausmaß die Gespräche mit Hitler Rauschnings und nicht Hitlers Ansichten wiedergeben, zeigt sich daran, wie Rauschning als Anhänger einer christlichen Monarchie den Angriff der Revolution des Nihilismus auf die alten Ordnungsmächte, darunter in erster Linie die Kirchen, beschreibt. Da sich Rauschning den Zusammenbruch der an und für sich geschichtsbefugten Mächte nicht anders erklären konnte, attestierte er den NS-Revolutionären irrationale Fähigkeiten. Er nannte sie "Besessene, von Dämonien, Gesichten, Ahnungen getriebene Träumer", die sich selbst an die Stelle Gottes setzten und deren Anführer mit magischen Führungsqualitäten und einer "mediumistischen Begabung" ausgestattet war. [7]

Weit davon entfernt, irgendetwas Christliches an Hitler zu sehen, ordnete Rauschning diesen der Welt der Primitiven zu: "Die Schamanentrommel dröhnt um Hitler. Asiatische, afrikanische Kultur und Beschwörungen sind das eigentliche Element seiner Bezauberung. Rasende Tänze bis zur Erschöpfung. Es ist der Einbruch der Welt des Primitiven in das Abendland." [8] Vor allem im vierten Kapitel der Gespräche mit Hitler kommt Rauschnings Bemühen zum Ausdruck, Hitler in diesem Sinn zu interpretieren. Es trägt die Überschrift Der Antichrist, und hier finden sich auch die meisten Äußerungen, die den Nationalsozialismus als eine antichristliche Gegenkirche erscheinen lassen.

Für Hitlers Einordnung in eine pagane Gegen-, Ersatz- oder Pseudoreligion waren die so genannten Monologe bzw. Tischgespräche im Führerhauptquartier von noch größerer Bedeutung. Im Juli 1941 beauftragte der Leiter der Parteikanzlei Martin Bormann seinen langjährigen Mitarbeiter Heinrich Heim, von den Äußerungen, die Hitler im Führerhauptquartier beim Essen oder bei den abendlichen Zusammenkünften machte, Aufzeichnungen anzufertigen. Diese umfassen den Zeitraum vom 5.7.1941 - 12.3.1942 und vom 1.8.1942 - 7.9.1942. Während Heims Abwesenheit, d.h. vom 21.3. - 31.7.1942, übernahm Henry Picker die Aufgabe. Da Picker seinen Durchschlag der Niederschriften bei sich behalten hatte, erschien die als publizistische Weltsensation titulierte erste Ausgabe der Tischgespräche im Führerhauptquartier bereits im Jahr 1951. [9]

Heims Material befand sich dagegen zunächst im Besitz Martin Bormanns und gelangte nach Kriegsende über seine Witwe in die Hände des schweizer Verlegers François Genoud, einem notorischen Antisemiten und Hitler-Verehrer, der eine wissenschaftliche Ausgabe lange hintertrieb. [10]

Neben Rauschnings Publikationen sind es vornehmlich die Monologe und die Tischgespräche im Führerhauptquartier, die als Beleg für Hitlers abgrundtiefe Feindschaft gegen das Christentum herangezogen werden.

Während seiner Aufenthalte im Führerhauptquartier hatte Hitler die Gewohnheit, bei Tisch ausschweifende Reden zu halten, in denen er den anwesenden Generälen, Besuchern und Mitarbeitern seine kulturellen, philosophischen und religiösen Ansichten kundtat. Heim bzw. Picker machten sich davon unauffällig einige Stichworte, die sie nach dem Essen einer Sekretärin Bormanns diktierten.

Den Monologen bzw. den Tischgesprächen zufolge hat Hitler für die Kirchen nur noch Verachtung übrig. Die Geistlichen titulierte er als "Säue", "Schweinepfaffen", "schwarze Dreckwanzen" [11], den Berliner Bischof Preysing als "absolutes Rabenaas". [12] Er ist sich sicher, dass die Kirchen den Weltanschauungskrieg verlieren werden. Er wird sie "auf Aussterbe-Etat setzten", sie "allmählich und ohne Gewalt an sich selbst verkümmern" lassen. [13] "Der größte Krebsschaden sind unsere Pfarrer beider Konfessionen! Ich kann ihnen jetzt die Antwort nicht geben, aber das alles kommt in mein großes Notizbuch. Es wird der Moment kommen, wo ich mit ihnen abrechne ohne langes Federlassen." [14]

Wenn man einmal die Frage der Authentizität außer Acht lässt, scheinen Hitlers Monologe zum Ausdruck zu bringen, dass bei ihm tiefer liegende Schichten des Bewusstseins an die Oberfläche gelangen. Sein vulgärerer Tonfall, und dass er sich in irgendwelche Themen verliert, dass Erlebnisse aus seiner Kindheit aus den 1920er Jahren hochsteigen, deuten darauf hin. Schon als Jugendlicher will er nichts mehr geglaubt, den Kinderglauben aufgegeben haben. [15]

Eine "göttliche Allmacht", "wirkliche Frömmigkeit" und die zehn Gebote erkennt er zwar weiterhin an [16], doch es hat den Anschein, als ob das Kirchenchristentum nunmehr in Widerspruch zu seinem Lebensgrundsatz der Artherhaltung geraten ist: "Wenn ich an ein göttliches Gebot glauben will, so kann es nur das sein: die Art zu erhalten." [17]

Pickers Überlieferung in den Tischgesprächen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der in den Monologen. Der Tenor ist in beiden der gleiche. Die Zeit sei reif für den Untergang der Kirchen, nach dem Krieg würde Hitler Abrechnung gehalten. [18] Er werde alle vertraglichen Regelungen aufheben und der Kirche den Geldhahn zudrehen. [19] Hitler betonte nun den Gegensatz zwischen Wissenschaft und Religion und um die Deutschen geistig aufzuklären, sollten überall Sternwarten eingerichtet werden. [20]

Es waren gerade die von Picker überlieferten kirchenfeindlichen Aussagen Hitlers, die seit den frühen fünfziger Jahren in der deutschen Öffentlichkeit einen starken Widerhall fanden. Sie trugen ganz wesentlich dazu bei, Christentum und Nationalsozialismus in der historischen Interpretation als zwei feindliche Mächte erscheinen zu lassen. Wie bei Rauschning ist allerdings auch bei Heim und Picker ein großes Fragezeichen hinter den Anspruch zu stellen, hier würden authentische Äußerungen Hitlers wiedergegeben.

Quellenkritik

Selbstredend handelt es sich weder bei den Tischgesprächen noch bei den Monologen um Originalstenogramme und natürlich zeigt auch Picker nicht den Hitler wie er wirklich war, wie der Untertitel seines Buches lautete. Picker selbst schränkte den Stellenwert seiner Niederschriften mit der Aussage ein, dass es ihm darum gegangen sei, das für Hitlers Wesen und Denken Typische zu überliefern. Er habe schon beim Notieren der Stichworte die Hitlersche Darlegung "auf das wirklich Überliefernswerte" beschränkt. [21]

Der Typus Hitler wird deshalb bereits durch Picker und seine Vorauswahl mitbestimmt, zumal Picker kundtat, dass er bestimmte Nebenargumente und Darlegungen weggelassen habe, wenn er der Meinung war, dass sie "Verwirrung beim späteren Leser gestiftet hätten". [22] Und sollte die von Bormann gemachte Randbemerkung zum 5.12.1942 auch auf die anderen Gespräche Pickers zutreffen, würden seine Aufzeichnungen den Status einer relevanten Sekundärquelle verlieren.

Bormann schrieb: "Diese Niederschrift ist vielfach ganz ungenau, da Dr. Picker, als er sich während der sehr langen Unterhaltung Notizen machte, diesen nicht beifügte, wer diese oder jene Auffassung vertrat." [23] Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die von Heim und Picker überlieferte Charakterisierung Hitlers noch zusätzlich von Bormann gefiltert wurde. Denn bevor ihre Aufzeichnungen in den Panzerschrank wanderten, wurden sie noch einmal mit Bormann zusammen überarbeitet, abgerundet und aufeinander abgestimmt. Laut Picker habe Bormann in seinen Aufzeichnungen ungeniert herumkorrigiert. [24]

Gänzlich unbeachtet blieb außerdem, dass Bormann nicht erst bei der "Korrektur" dieser Aufzeichnungen beteiligt war, sondern bereits an deren Zustandekommen. Albert Speer schildert in seinen Erinnerungen, wie Bormann das Thema Kirchenkampf in die Tischgespräche lancierte, um kirchenfeindliche Äußerungen Hitlers zu provozieren:

,Für solche Vorstöße hatte Bormann eine eigene Taktik entwickelt: er ließ sich von einem Teilnehmer der Runde den Ball zuspielen, indem er ihn zunächst laut erzählen ließ, welche aufrührerischen Reden ein Pfarrer oder Bischof gehalten habe, bis Hitler schließlich aufmerksam wurde und Einzelheiten verlangte. Bormann entgegnete, etwas Unangenehmes sei passiert, immerhin, er wolle Hitler damit nicht beim Essen behelligen. Nun forschte Hitler weiter, und Bormann tat, als ließ er sich seinen Bericht abringen.

Die zornigen Blicke seiner Mitgäste störten ihn ebenso wenig, wie das rot angelaufene Gesicht Hitlers. Irgendwann zog er dann ein Aktenstück aus der Tasche und begann Passagen aus einer aufsässigen Predigt oder einer Kirchenbotschaft zu verlesen. Hitler wurde daraufhin so erregt, dass er untrügliches Zeichen seines Unmutes - mit den Fingern zu schnalzen begann, sein Essen abbrach und Vergeltung für später ankündigte." [25]

Martin Bormann muss sicherlich als einer der hartnäckigsten Gegner des Christentums innerhalb des NS-Regimes gelten. Von ihm ist bekannt, dass er Äußerungen Hitlers ohne dessen Wissen als Direktiven an die Politischen Leiter weiter gab. Er führte Hitlers Terminkalender und entschied, wer vorgelassen wurde oder nicht. "Niemand kommt zum Führer denn durch mich", lautete ein geflügeltes Wort in Anspielung auf eine bekannte Bibelstelle.

In seinem vielzitierten Rundschreiben vom 06.06.1941 propagierte Bormann die Unvereinbarkeit von Christentum und Nationalsozialismus, eine Ansicht, die aber von Hitler nicht geteilt wurde. Für Bormann war das Christentum hingegen ein Gift, das man nur sehr schwer wieder los wird. [26] An Weihnachten wollte er sogar durchsetzen, dass im Führerhauptquartier keine Weihnachtslieder mehr gesungen wurden, was aber an Hitlers Widerstand scheiterte. Man kann deshalb davon ausgehen, dass Bormann seine Möglichkeiten weidlich ausnutzte, um seine eigene Kirchenfeindschaft in die Aufzeichnungen von Heim und Picker einzubringen.

Umgekehrt muss der Mangel an Authentizität, der sowohl für die Publikationen Rauschnings als auch die Niederschriften Pickers und Heims charakteristisch ist, nicht bedeuten, dass alles von diesen drei Autoren Überlieferte grundsätzlich falsch sein muss. Es ist durchaus möglich, dass einzelne Redewendungen und Charakterisierungen zutreffend dargestellt sind. Das gilt auch für andere Zeugnisse wie Hitlers politisches Testament, seine Aussprachen mit seinem Mentor Dietrich Eckart oder die so genannten Geheimgespräche mit Edouard Calic. [27]

Auch das weite Feld der Memoirenliteratur sollte in diesem Zusammenhang genannt werden. Voraussetzung für eine Verwendung solcher Quellen ist aber, dass sowohl der Kontext ihrer Entstehung als auch die Intention ihrer Autoren kritisch gewürdigt wird. Gerade bei Darstellungen mit autobiographischem Charakter sind oftmals apologetische Interessen im Spiel, die das eigene Engagement für den Nationalsozialismus dadurch zu verharmlosen suchen, dass sie Hitlers Einfluss und Bösartigkeit maßlos übersteigern.

Es sollte sich verbieten, Rauschning, Picker und Heim als einen Steinbruch zu benutzen, dem sich nach Belieben Argumente für Hitlers angeblichen Hass auf das Christentum entnehmen lässt. Jede wissenschaftliche Analyse hat sich zuallererst an die Primärquellen, d.h. an die von Hitler selbst stammenden Veröffentlichungen, Reden, Aufrufe, Appelle usw. zu halten. Auch nichtpublizierte Briefe, Ansprachen, Polizeiberichte etc. sind heranzuziehen.

Hitler als normaler Katholik

Es ist in dieser Hinsicht schon erstaunlich, auf welch geringes Interesse z.B. Hitlers Briefwechsel mit dem wegen seiner religiösen Aktivitäten aus der NSDAP ausgeschlossenen Artur Dinter stieß. Seine Auseinandersetzung mit dem früheren Gauleiter von Thüringen gibt einen sehr genauen Aufschluss über Hitlers damaligen religiösen und kirchenpolitischen Ansichten.

Die auch im Völkischen Beobachter zitierte Äußerung Hitlers, dass er es niemals dulden werde, religiösen Streit in die Partei hineinzutragen, bezog sich auf Dinters kirchenfeindliches Geistchristentum und lässt keine besonders kirchenfeindliche Einstellung erkennen: "Ich habe nur einen einzigen Wunsch, daß in der Partei niemals der Zustand einreißt, daß es einem Katholiken oder Protestanten Gewissenskonflikte unmöglich machen würden, der Partei anzugehören." [28]

Bedauerlicherweise gab es von diesen Primärzeugnissen sehr lange keine quellenkritische Edition. Die für die Zeit von 1933 bis Kriegsende angefertigte Zusammenstellung von Max Domarus war das verdienstvolle Werk eines Einzelnen, verzeichnet aber an wichtigen Stellen Auslassungen. [29]

Die erste wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Textausgabe von Eberhard Jäckel und Axel Kuhn erschien erst 1980. [30] Zwölf Jahre später begann das Münchener Institut für Zeitgeschichte die Ergebnis eines umfassenden Forschungs- und Editionsprojekts zu publizieren, das in 16 Bänden die Zeit von 1925 bis zum Januar 1933 abdeckt. [31] Der mit einiger Verspätung im Jahr 2003 veröffentlichte Registerband eröffnet der Forschung ganz neue Möglichkeiten, um sich ein Bild von Hitlers Reden, Schriften und Anordnungen zu machen. Unter Stichworten wie "Religion", "Kirche" oder "Christentum" lässt sich Hitlers Meinung zu religiösen und kirchenpolitischen Fragen für dem genannten Zeitraum sehr präzise und auf einfachem Wege eruieren. [32]

Hitlers Ansichten, wie sie in den Primärquellen zum Ausdruck kommt, unterscheiden sich in gravierender Weise von den Überlieferungen und Interpretationen Rauschnings, Heims und Pickers. Sie zeigen bis zur Machtergreifung ein gänzlich anderes und für die Zeit danach eine wesentlich differenzierteres Bild. Vor 1933 lässt sich in den Primärzeugnissen keine einzige wirklich christentumsfeindliche Aussage Hitlers nachweisen. Wo er gegen die Kirchen und ihre politischen Parteien polemisiert, geschieht dies grundsätzlich vom Standpunkt des besseren Christen und vom Boden eines wahrhaftigeren Christentums aus.

Hitler nimmt als katholischer Christ das Christentums in seinem Kampf gegen Judentum und Bolschewismus für sich in Anspruch. Oftmals parallelisiert er die NS-Bewegung mit dem frühen Christentum und vergleicht sich und seinen Kampf mit dem Wirken Jesu. Nach einem Lagebericht der Münchener Polizeidirektion äußerte sich Hitler auf einer Weihnachtsversammlung 1926, dass er sich berufen fühle, das Werk, das Jesus angefangen habe, aber nicht beenden konnte, zu Ende zu führen. "Der Nationalsozialismus sei nichts anderes als eine praktische Befolgung der Lehre Christi," zitierte der anwesende Polizeibobachter aus Hitlers Ansprache. [33]

Sehr geschickt zieh Hitler die kirchlichen Organisationen und Parteien der Inkonsequenz und politischen Instinktlosigkeit. Im März 1928 wies er zum Beispiel darauf hin, dass der Führer der Bayerischen Volkspartei (BVP) Georg Heim zu einem früheren Zeitpunkt selbst die Beschränkung der Juden im öffentlichen Dienst gefordert hatte. [34]

Hält die Bayerische Volkspartei etwa Heims Antisemitismus für antichristlich? Wie kommt der politische Katholizismus dazu, mit den gottlosen und vom internationalen Judentum gelenkten Sozialdemokraten zu paktieren, die Nationalsozialisten aber als ungläubig zu diffamieren, lauten seine immer und immer wiederholten Fragen. Gerade die Berufung auf die judenfeindliche Tradition der Kirche ermöglichte es Hitler, in christlichen Bevölkerungskreisen Anhänger zu gewinnen.

Soll es vielleicht "unkatholisch sein, Antisemit zu sein?", rief Hitler der BVP zu: "Der erste Vorläufer im Kampfe gegen das Judentum ist unser gnädigster Herr und Heiland selbst. Der zweite war die heilige römisch-katholische Kirche selbst. In Rom hat das Judentum unter der Herrschaft der Kirche eine Stelle eingenommen, mit der wir völlig zufrieden wären." [35]

Hitlers Äußerungen über Religion und Kirche bekunden bis 1933 einhellig, dass er im Christentum eine positive Macht und in Jesus eine hehre Lichtgestalt sieht. Die Organisationsform der katholischen Kirche ist ihm ein leuchtendes Beispiel und auch seine Verehrung für Luther hat er immer deutlichen Ausdruck verliehen. Es besteht kein Grund, daran zu zweifeln, dass Hitler ein so normaler Katholik war wie Millionen andere auch.

Seine Kritik an der Amtskirche, am politischen Katholizismus oder der als lebensfremd erachteten kirchlichen Morallehre wurde von sehr vielen Christen geteilt. Hitlers religiöse Sozialisation kann nur aus dem katholischen Milieu Österreichs heraus verstanden werden. Hier ist der auf intimer Kenntnis der österreichischen Verhältnisse beruhenden Arbeit von Friedrich Heer unbedingt zuzustimmen. [36]

Die sozialpolitischen Maßnahmen des antisemitischen Bürgermeisters von Wien Karl Lueger und der großdeutsche Nationalismus, der im Gefolge Georg Ritter von Schönerers das Deutschtum als eine Glaubensangelegenheit ansah, prägten Hitlers Entwicklung vor seiner Übersiedlung nach Deutschland in entscheidender Weise.

Auch nach 1933 ergab sich zunächst keine grundsätzliche Wanderung in Hitlers Einstellung zum Christentum. Im Gegenteil, Hitler machte erneut einen Schritt auf die Kirchen zu, um sie als Bundesgenossen für seinen Kampf gegen die jüdische Unmoral, gegen Gottlosen- und Freidenkertum und insbesondere gegen die sozialistischen Parteien zu gewinnen.

Katholisch inspirierte Mutmaßungen über Hitlers Religion

Erst im Zusammenhang der gescheiterten evangelischen Kirchenreform und der Verweigerung der Kirchen, bislang gehaltene Einflusssphären kampflos aufzugeben, scheint sich eine Änderung in Hitlers Denken angebahnt zu haben. Zweifellos spielte bei Hitler wie bei vielen anderen hochrangigen NS-Funktionären eine oberflächliche Verarbeitung von aufklärerischem Gedankengut eine Rolle und vermutlich kamen in dieser Krisensituation um die Mitte der 1930er Jahre auch verstärkt freisinnige Vorstellungen über das Verhältnis von Staat und Kirche an die Oberfläche, die schon seinem Vater zu eigen gewesen waren.

Auch verschiedene Eintragungen in den Goebbels-Tagebüchern könnten darauf hindeuten, dass Hitler sein Verhältnis zur Kirche und zum Christentum in dieser Zeit neu bestimmte. Insofern mag Max Domarus, der eine Änderung in Hitlers Religionsauffassung auf Herbst 1937 datiert, mit seiner Einschätzung vielleicht nicht ganz Unrecht haben. [37] Hitlers Lebensführung war schon vor dem Krieg ausgesprochen angespannt.

Nach dem Überfall auf Polen steigerte sich die permanente Stresssituation, in der er sich befand, noch weiter. Er schlief unregelmäßig und wechselte beständig den Aufenthaltsort. Die Äußerungen, die ein übernächtigter und zum Teil unter Medikamenteneinfluss stehender Hitler im Führerhauptquartier zu allem möglichen vortrug, können deswegen nur bedingt herangezogen und nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Seine Monologe fanden zum Teil spät nachts oder sogar am frühen Morgen statt, wobei die Zuhörer nicht selten schon eingeschlafen waren. Von extremen Ausdrücken, die in diesem Zusammenhang gefallen sein mögen, auf Hitlers generelle Einstellung zu schließen, ist deshalb nicht statthaft.

Ein Paradebeispiel für eine unseriöse und voreingenommene Sichtweise bietet in dieser Hinsicht die Studie des Mainzer katholischen Kirchenrechtlers Georg May. [38] May will festgestellt haben, dass es in Hitlers Glaubensleben gleich nach der Taufe bergab ging. Spätestens mit 14 Lebensjahren habe Hitler den Glauben an die Eucharistie aufgegeben und nur noch zum Schein an der Kommunion teilgenommen. [39]

Schuld an Hitlers Glaubensabfall sei seine Übernahme rationalistischer und aufklärerischer Ideen. Aber auch monistische Einflüsse und die Lektüre religionswissenschaftlicher Literatur hätten Hitlers Hass auf die Kirche geschürt. [40] Ob die von Rauschning überlieferten Aussagen tatsächlich von Hitler gemacht wurden oder nicht, sei unerheblich. In jedem Fall würden sie Hitlers Wesen richtig wiedergeben. [41]

Mehr noch als der stark antiprotestantische Affekt, der das ganze Buch durchzieht, ist es Mays antisemitische Einstellung, die irritiert. Viele deutsche Juden hätten vor 1933 tatsächlich "Anlaß zu berechtigter Kritik" gegeben. Angesichts ihrer massiven Konzentration in bestimmten Bereichen sei es kein Wunder gewesen, "daß diese übermächtige Stellung unliebsame Reaktionen hervorrufen würde. Sodann waren raffgieriger Geschäftssinn und zersetzender Kulturbetrieb unter den Juden nicht gerade selten."

Und weiter: "Wenn gewissenhafte Katholiken sich gegen übermächtigen oder destruktiven Einfluß von Juden auf bestimmten Gebieten wandten, erlagen sie nicht dem Rassenwahn, sondern bekämpften das ungerechte Protektionssystem sowie die kulturelle Zersetzung und wirtschaftliche Ausbeutung." [42] Solche Sätze - veröffentlicht im Jahr 1991! - bestätigen in eindrucksvoller Weise die Richtigkeit der These Olaf Blaschkes vom doppelten Antisemitismus, dessen katholischer Teil sich gegen einen völkisch biologistischen Rassenbegriff zu behaupten wusste und der selbst das Kriegsende überdauerte. [43]

Ein spezielles Unterkapitel "Die geplante Endlösung für das Christentum" macht die eigentliche Stoßrichtung der Argumentation Mays deutlich. [44] May bestritt in ihm vehement, dass der Antisemitismus des Dritten Reiches irgendwie christlich beeinflusst gewesen sein könnte. In seiner durchgängig von apologetischen Interessen bestimmten Interpretation des Kirchenkampfes erscheint der Holocaust schließlich als ein der unmittelbar bevorstehenden Vernichtung der Kirchen gleich- , ansatzweise sogar nachgeordnetes Phänomen.

In einer ähnlichen Weise wie May argumentiert der Journalist und Erfolgsautor Michael Hesemann in seinem Buch Hitlers Religion. [45] Dass nach dem deutschen Endsieg der finale Schlag gegen das Christentum erfolgen sollte, erscheint auch bei ihm als eine nicht weiter hinterfragte Tatsachenbehauptung. Nur durch das Kriegsende sei "der bereits geplante zweite Holocaust" verhindert worden, wie es im Klappentext heißt.

Ganz in diesem Stil ist das 11. Kapitel über Die Endlösung der Kirchenfrage aufgebaut. Unter Berufung auf die Monologe und die Tischgespräche im Führerhauptquartier wird hier behauptet, dass "nach dem Holocaust gleich ein zweiter Schlag gegen die jüdisch- christliche Zivilisation geplant war". [46] Das Besondere bei Hesemann ist nun aber, dass der Versuch, die Kirchen von jedem Schuldvorwurf zu entlasten, mit einer Übertragung der Ursachen für den Nationalsozialismus auf die dunklen Mächte des Okkultismus gekoppelt wird. Der Nationalsozialismus im Allgemeinen und Hitlers Religiosität im Besonderen sei das Produkt okkulter Strömungen und esoterischer Neigungen.

Um diese These zu untermauern beruft sich Hesemann außer auf Rauschning, Picker und Heim auch auf solch unseriöse Quellen wie Wilfried Daim oder, noch eine Stufe darunter, auf eine Publikation des österreichischen Astrologen Johannes von Müllern-Schönhausen. [47] Primärquellen werden von ihm überhaupt nicht herangezogen. Auf dieser Basis kommt Hesemann zu dem Schluss, dass Christentum und Nationalsozialismus einen absoluten Gegensatz gebildet hätten. In einer Weise, die man kaum anders als peinlich nennen kann, wird daraufhin die katholische Kirche als einzig mögliche Alternative auf den Schild gehoben. [48]

Das Buch Hitlers Religion lässt sich wohl nur auf dem biographischen Hintergrund seines Verfassers verstehen. Hesemann, der als der führende Ufologe Deutschlands gilt, hatte sich lange Zeit in esoterischen Kreisen bewegt und von 1984-2000 eine Zeitschrift für spirituelle und parapsychologische Themen namens Magazin 2000 herausgegeben. [49]

Eigenen Angaben zufolge entschloss er sich im Juni 2000, sein Schaffen nun in den Dienst der von Papst Johannes Paul II. in Angriff genommenen Neuevangelisierung Europas zu stellen. [50] Das zwischen katholischem Glauben und grenzwissenschaftlichen Interessen oszillierende Faible Hesemans für das Irrationale findet auch in seinem Buch über Hitlers Religion deutlichen Ausdruck.

Hitlers Gott

Welchen Erkenntnisfortschritt es bringt, wenn man sich ohne weltanschauliche Voreingenommenheit mit Hitlers Religiosität befasst, zeigt in beeindruckender Weise die Studie Hitlers Gott von Michael Rißmann. [51]

Rißmann, der sich sehr stark auf die erwähnte Quellenedition des Instituts für Zeitgeschichte bezieht, lehnt jede Form der "Kryptohistorie" ab, die Hitler als das Resultat okkulter Kräfte sehen mochte. [52] Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass man sich in Arbeiten mit wissenschaftlichem Anspruch religiöser Werturteile enthält, seien diese explizit ausgesprochen oder implizit vorausgesetzt.

Weil das aber oftmals nicht der Fall ist, sei ausdrücklich auf den Vorzug des Rißmannschen Buches hinzuweisen, Hitlers Ansichten über Religion und Christentum sachlich und ohne Rekurs auf eine christliche Metaphorik darzustellen. Dadurch wird der häufig gemachte Fehlschluss vermieden, den Jargon des Religiösen bereits für die Erklärung des Religiösen auszugeben. In dem, allerdings relativ spät einsetzenden, analytischen Teil seiner Studie bemüht sich Rißmann darum, den religiösen Gehalt des Hitlerschen Glaubens von seiner äußeren Form und politischen Instrumentalisierung abzugrenzen.

Auf diese Weise soll die im Anschluss an Eric Voegelin vertretene Programmatik einer politischen Religion und insbesondere die daran geknüpfte Vorstellung, dass der Nationalsozialismus dem deutschen Volk nicht nur eine "religiös anmutende Inszenierung, sondern transzendenten Sinn geboten hätte", zurückgewiesen werden. [53]

Rißmanns Kritik an der weit verbreiteten Tendenz, eine nationalsozialistische Ersatzreligion zu konstruieren, ist zweifellos angebracht. Sie geht aber insofern nicht weit genug, weil sie sich auf die äußere Form beschränkt und die dem Konzept einer Pseudo- oder Ersatzreligion zu Grunde liegende Idee einer wahren Religion und echten Religiosität nicht als essentialistisches und ahistorisches Konstrukt erkennt. Was bei Rißmann fehlt - und das gilt für die allermeisten Studien zur Religionsgeschichte des Dritten Reiches -, ist ein Problembewusstsein darüber, wie man mit dem irrationalen Gehalt der Religion rational umzugehen hat. Davon bleibt aber die Stärke seiner Untersuchung unberührt, Hitlers Religiosität aus ihrer personalisierenden Verengung gelöst und darüber hinaus deutlich gemacht zu haben, wie sehr Hitler ein Produkt der Erschütterungen war, "denen die gewachsenen christlichen Glaubensvorstellungen im 19. und 20. Jahrhundert ausgesetzt waren." [54]

Das ist richtig gesehen und trägt dem Rechnung, dass Hitlers religiöse Einstellung nur auf dem Hintergrund des übergeordneten religionsgeschichtlichen Zusammenhangs verstanden werden kann. Allerdings fängt mit Rißmanns Fazit die analytische Arbeit erst an, interessant zu werden. Hier müsste man einsetzen und auf einer noch wesentlich breiteren empirischen Basis Hitlers Religion und die Glaubensvorstellungen der Deutschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts miteinander in Beziehung setzen.

Im Gegensatz zu dem stark ideengeschichtlich orientierten Rißmann heben die Bücher von Hans-Joachim Gamm und Klaus Vondung vor allem auf die religiöse Ritualistik des Nationalsozialismus ab. [55] Beide Studien tragen auf der phänomenologisch beschreibenden Ebene viel interessantes Material zusammen. Aber die lediglich deskriptive Systematik, mit der dieses geordnet wird, verfällt dem in der Religionswissenschaft nur allzu gut bekannten Fehler hypertropher Parallelisierung.

Überdies wird gänzlich unberücksichtigt gelassen, dass solche als spezifischer Ausdruck einer nationalsozialistischen Religiosität gehenden Handlungen wie Fahnen weihen, Heldenkult, Anrufung der Vorsehung, Berufung auf eine Heilsgeschichte und anderes religiöses wie "pseudoreligiöses Brimborium" [56] in der gleichen Form und Funktion schon lange vor dem Nationalsozialismus im Gebrauch stand und keinesfalls als typisch nationalsozialistisch angesehen werden kann. Die Frage, warum z.B. eine Fahnenweihe im Dritten Reich strukturell anders gewesen sein soll als im Kaiserreich, wird nicht erläutert, ja nicht einmal gestellt.

Entgegen dem durchaus verständlichen Wunsch, sich vom Nationalsozialismus zu distanzieren und in ihm eine gänzlich heterogene und historisch abnorme Erscheinung zu sehen, zwingt eine objektive und von religiösen Prämissen unbeeinflusste Herangehensweise dazu, nicht nur die persönliche Religiosität Adolf Hitlers sondern die Religionsentwicklung in Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus insgesamt viel stärker unter dem Blickwinkel des religionsgeschichtlich Normalen zu betrachten.

Zwar scheint man in der jüngsten Vergangenheit von einer vorwiegend kirchengeschichtlich ausgerichteten Interpretation etwas wegzukommen. Doch eine religionswissenschaftlich fundierte Religionsgeschichte des Dritten Reiches, der christlichen wie der nichtchristlichen, ist nach wie vor das große Desiderat der Historiographie des Nationalsozialismus.


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Anmerkungen

1 100 Jahre Hitler. In: Spiegel Spezial 2/1989, hg. von Rudolf Augstein, Hamburg 1989.

2 Ebd., S.12 (Brandt), S.20 (Broszat), S.28 (Mann), S.30 (Stürmer), S.37 (Nolte), S.85 (Kohut). Weitere Beispiele für einen derart unreflektierten Gebrauch religiöser Terminologie bei Hubert Cancik: "Wir sind jetzt eins". Rhetorik und Mystik in einer Rede Hitlers (Nürnberg, 11.9.1936). In: Günter Kehrer (Hg.), Zur Religionsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, München 1980, S.13- 48, hier S.13f.

3 Hermann Rauschning: Die Revolution des Nihilismus. Zürich 1938 (New York 1938), eine Neuausgabe von Golo Mann erfolgte 1964.

4 Hermann Rauschning: Gespräche mit Hitler. Zürich 1940, eine Neuausgabe erschien 2005 im Europa Verlag Zürich. Siehe dazu die Rezension von Bernd Lemke vom 2.8.2006 auf der Homepage http.//hsozkult, s.v. Rauschning.

5 Theodor Schieder: Hermann Rauschnings "Gespräche mit Hitler" als Geschichtsquelle. Opladen 1972, S.25.

6 Hermann Rauschning. Materialien und Beiträge zu einer politischen Biographie. Hg. von Jürgen Hensel u. Pia Nordblom. Warschau 2002.

7 Revolution des Nihilismus, S.229, S.70 u. 254.

8 Ebd S.275f.

9 Henry Picker: Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941- 1942, i.A. des Deutschen Instituts für Geschichte der nationalsozialistischen Zeit, eingel. u. veröff. von Gerhard Ritter. Bonn 1951, neu hg. von Percy Ernst Schramm in Zusammenarbeit mit Andreas Hillgruber und Martin Vogt, Stuttgart 7963, gekürzte dtv- Taschenbuchausgabe, eingel. kommentiert und hg. von Andreas Hillgruber, München 1968.

10 Monologe im Führerhauptquartier 1941-1944. Adolf Hitler. Die Aufzeichnungen Heinrich Heims, hg. von Werner Jochmann, Hamburg 1980 (Nachdruck München 2000). Genoud, der auch Urheberrechte bei den Goebbelstagebüchern geltend machte, verfolgte eine unzweideutig revisionistische Strategie. Nicht zuletzt seine Einnahmen als Verleger ermöglichten es ihm, die Verteidigung Adolf Eichmanns und Klaus Barbies zu finanzieren. - Vgl. Karl Laske: Ein Leben zwischen Hitler und Carlos: François Genoud. Zürich 1996, bes. S.246ff., 268ff., 281ff., 298 und 316ff.

11 Monologe, S.283f., 19./20.2.1942.

12 Monologe, S.338f., 11.8.1942.

13 Monologe, S.41, 11/12.7.1942.

14 Monologe, S.272, 8.2.1942.

15 Monologe, S.288, 20./21.2.1942.

16 Monologe, S.158, 28./29.12.1941 und ebd., S.104, 23.10.1941.

17 Monologe, S.149, 1./2.12.1941.

18 Tischgespräche, S.355f., 5.6.1942.

19 Tischgespräche, S.417, 4.7.1942, so ähnlich schon am 7.4.1942 (S.201-204).

20 Tischgespräche, S.355f., 5.6.1942.

21 Tischgespräche, S.27.

22 Ebd., S.24.

23 Monologe, S.18.

24 Monologe, S.18.

25 "Wäre in einem solchen Selbstgespräch Hitlers Urteil über die Kirchen negativer ausgefallen, hätte Bormann gewiss eines der weißen Kärtchen, die er immer bei sich trug, aus seiner Rocktasche gezogen. Denn er notierte alle Bemerkungen Hitlers, die ihm wichtig zu sein schienen; und kaum etwas schrieb er gieriger auf als abfällige Bemerkungen über die Kirchen," Albert Speer: Erinnerungen, Frankfurt a.M. 1969, S.109.

26 So in einem Weihnachtsbrief an seine Frau. Siehe Jochen von Lang: Der Sekretär. Martin Bormann - Der Mann, der Hitler beherrschte. Stuttgart 1977, S.135.

27 Hitlers politisches Testament. Die Bormann Diktate vom Februar und April 1945, Hamburg 1981 - Dietrich Eckart: Der Bolschewismus von Moses bis Lenin. Zwiegespräche zwischen Adolf Hitler und mir. München 1924. Edouard Calic: Ohne Maske. Hitler-Breiting Geheimgespräche 1931. Frankfurt a.M. 1968.

28 So Hitler im Völkischen Beobachter vom 2.13.9.1928, zitiert nach Claudia Witte: Artur Dinter - Die Karriere eines professionellen Antisemiten. In: Barbara Danckwortt (Hg.), Historisch Rassismusforschung: Ideologien, Täter, Opfer, Hamburg 1995. - Dinter publizierte den Briefwechsel mit Hitler in seiner Zeitschrift Das Geistchristentum, H. 8/10, 1928, S.353-370.

29 Max Domarus: Hitler. Reden und Proklamationen 1932-1945, 4 Bde., Leonberg 1988.

30 Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905-1924. Hg. von Eberhard Jäckel und Axel Kuhn. Stuttgart 1980.

31 Hitler. Reden, Schriften, Anordnungen: Februar 1925 bis Januar 1933. Hg. vom Institut für Zeitgeschichte, München 1992-1999.

33 Lagebericht N/Nr. 54 der Münchener Polizeidirektion vom 4.2.1927, zitiert nach Hitler. Reden, Schriften, Anordnungen, Bd. II/1, München 1992, Dok. 59, S.105f.

34 "Bayer[ische] Volkspartei u[nd] Bayer[ischer] Kurier - Die Stützen von Thron und Altar", Rede auf einer NSDAP-Versammlung in München am 29.2.1928, abgedruckt in der Sondernummer des Völkischen Beobachter vom 2.3.1928 "Gegen Zentrumsbetrug", zitiert nach Hitler. Reden, Schriften, Anordnungen, Bd. II/2, München 1992, Dok., 237, S.687-716, hier S.704.

35 Wie die Bayer. Volkspartei die Religion schädigt", Rede Hitlers am 21.3.1928, zitiert nach Hitler. Reden, Schriften, Anordnungen, Bd. 11/2, München 1992, Dok. 242, S.744-756, das Zitat S.754.

36 Heer: Der Glaube des Adolf Hitler. Anatomie einer politischen Religiosität. Frankfurt a.M. 1989.

37 Domarus: Reden und Proklamationen, Bd. II, S.660 u. 745. - Domarus kann als Quelle aber nur die mündliche Überlieferung eines Gaupropagandaleiters angeben.

38 Georg May: Kirchenkampf oder Katholikenverfolgung? Ein Beitrag zu dem gegenseitigen Verhältnis von Nationalsozialismus und christlichen Bekenntnissen. Stein am Rhein 1991, Teil 1: "Hitlers Beziehungen zur Transzendenz" (S.1-155).

39 Ebd., S.32 u. 59.

40 Ebd., S.3 u. 20.

41 Ebd., S.93.

42 Ebd., S.475.

43 Siehe Olaf Blaschke: Katholizismus und Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich. Göttingen 1997.

44 Ebd., S.613-625.

45 Michael Hesemann: Hitlers Religion. Die fatale Heilslehre des Nationalsozialismus. München 2004,

46 Hesemann, Hitlers Religion, S.357.

47 Wilfried Daim: Der Mann, der Hitler die Ideen gab. Wien 1994. - Johannes von Müllern-Schönhausen: Die Lösung des Rätsels Adolf Hitler. Wien 1956. - Hesemann, Hitlers Religion, S.404ff.

48 Über die Inthronisation des neuen Papstes im Jahr 1939 liest man: "Das sakrale Schauspiel mit seinen prachtvollen liturgischen Gewändern aus Seide und Brokat, Taft und Brüsseler Spitzen, seinen üppig geschwenkten Weihrauchfässern, dem Meer flackernder Kerzen und bunter Blumen, getragen von dem Wohlklang gregorianischer Gesänge und barocker Polyphonien, bot ein wohltuendes, geradezu befreiendes Gegenbild zu der dumpfen Kälte der dröhnenden Massenveranstaltungen des neuheidnischen Nationalsozialismus. Der Pastor Angelicus, der "Engelgleiche Hirte", wie er aufgrund einer alten Prophezeiung bald genannt wurde, ließ die Welt hoffen, dass Gott sie noch nicht ganz verlassen hatte." Hesemann, Hitlers Religion, S.399f.

49 Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite findet sich sowohl zu Hesemann als auch zum Magazin 2000 ein eigener Eintrag.

50 Siehe http://www.paranews.net/forum/board.php?threadid=1586 oder www.paranews, s.v. Hesemann.

51 Michael Rißmann: Hitlers Gott. Vorsehungsglaube und Sendungsbewusstsein des deutschen Diktators. Zürich 2001.

52 Siehe dazu den Exkurs "Nationalsozialismus und Okkultismus", ebd., S.137-172.

53 Rißmann, Hitlers Gott, S.191.

54 Ebd., S.206.

55 Hans-Joachim Gamm: Der braune Kult. Hamburg 1962. - Klaus Vondung: Magie und Manipulation. Ideologischer Kult und politische Religion des Nationalsozialismus. Göttingen 1971.

56 Rißmann, Hitlers Gott, S.191.


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Quelle:
humanismus aktuell, Heft 19 - Herbst 2006, Seite 83-94
Hefte für Kultur und Weltanschauung
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den 17. Januar 2007