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KIRCHE/0014: Hindukusch-Predigt (Ingolf Bossenz)


Hindukusch-Predigt

Von Ingolf Bossenz, 7. Februar 2011


Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel«, heißt es in Jesu Bergpredigt. Nun gibt es Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich schwer in solch ein Schema pressen lassen. Für den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gehört dazu der Krieg in Afghanistan. Drei Tage besuchte Nikolaus Schneider das Land am Hindukusch, informierte sich über deutsche militärische wie zivile Aktivitäten und kam zu dem Eindruck, »dass ein guter Weg beschritten wird«. Die Einschätzung seiner Amtsvorgängerin Margot Käßmann »Nichts ist gut in Afghanistan« dürfte damit erledigt sein, auch wenn sich Schneider ausdrücklich nicht davon distanzierte. Zwar kann der EKD-Chef »nicht eindeutig sagen, ob dieser Krieg legitim ist oder nicht«. Aber dessen ungeachtet versicherte er den Soldaten: »Wir stehen als Kirche an eurer Seite, ihr gehört zu uns.« Auch wenn man ihnen nicht die »ethische Gewissheit« geben könne, das Richtige zu tun. Denn: »Im Krieg kommt man an schuldhaften Situationen nicht vorbei.« Kurt Tucholsky drückte das kürzer aus: »Soldaten sind Mörder.« Im Bemühen, das politische Establishment nicht noch einmal seitens der EKD zu verärgern, meint Schneider, der Bundeswehreinsatz sei »ethisch hinnehmbar«. Jesus hätte sich im Grab umgedreht. Zum Glück ist er auferstanden.


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Quelle:
Ingolf Bossenz, Februar 2011
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 07.02.11
http://www.neues-deutschland.de/artikel/190304.hindukusch-predigt.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2011