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VEGETARIERBUND/333: Gespräch mit Ziggy Marley (natürlich vegetarisch)


natürlich vegetarisch, Oktober/November/Dezember 2007
Das Magazin vom Vegetarier-Bund Deutschlands e.V. (VEBU)

Love is the message!


Ziggy Marley (38) hat über zwei Jahrzehnte mit den Melody Makers sehr erfolgreich Musik gemacht und bereits drei Grammys gewonnen. Zu seinen bekanntesten Liedern gehören: "Tomorrow People", "Tumbling Down" und "People Get Ready". 2003 veröffentlichte er sein erstes Solo-Album "Dragonfly". Für sein im letzten Jahr erschienenes zweites Solo-Album "Love is My Religion" hat er im Februar Grammy Nummer vier in der Kategorie "Bestes Reggae Album" eingeheimst. Der Sohn von Bob Marley, der wie sein Vater vegetarisch lebt, geht mit seiner Musik eigene Wege und ist inzwischen selbst ein Superstar. Wir haben ihn interviewt.

Das Interview führte Guido Barth


GUIDO BARTH: Ich habe dir ein kurzes DVD-Video mitgebracht, "Devour the Earth", (Anmerkung der Red.: erhältlich im VEBU-Shop) darin geht es um die Umweltzerstörung als Folge unseres Fleischkonsums. Bei dem Video hat neben Paul McCartney auch Dr. Janez Drnovsek mitgewirkt; er ist Staatspräsident von Slowenien und lebt vegan.

ZIGGY MARLEY: Oh, danke sehr.

GUIDO BARTH: Du schätzt die Vorteile einer vegetarischen Ernährung aus gesundheitlichen Gründen und auch unter dem Aspekt der Ethik. Was steckt für dich dahinter?

ZIGGY MARLEY: Wir sind alle von Gott erschaffen, also sind wir, so möchte ich das mal sagen, wie Brüder und Schwestern. Wir gehören all zu der einen Familie und als solches respektieren wir auch die Tiere.

GUIDO BARTH: Was bedeutet in diesem Zusammenhang für dich die Aussage, "Du bist, was du isst"?

ZIGGY MARLEY: Ich denke, dass unser Körper nicht dafür gedacht ist, dass er mit Blut voll gestopft wird. Es ist besser, wenn wir mehr Obst, Gemüse und solche Sachen essen und Tierprodukte reduzieren - zumal wir das Zeug für ein gutes Leben nicht brauchen.

GUIDO BARTH: Wie wichtig sind für dich dabei ökologische Nahrungsmittel?

ZIGGY MARLEY: Hey Mann, das ist sehr wichtig.

GUIDO BARTH: Warum?

ZIGGY MARLEY: Ich möchte möglichst natürlich leben und die Sachen eher einfach haben. Ohne Grenzen setzen zu wollen, aber der gesunde Menschenverstand sagt einem eigentlich, was die richtige Richtung ist.

GUIDO BARTH: Und das Richtige ist bio?

ZIGGY MARLEY: Ja, genau. Organisch, bio. Ich bin in Jamaika auf einer Farm aufgewachsen und da haben wir schon biologisch angebaut. Meine Mutter, Rita, sie lebt jetzt in Ghana, betreibt eine Farm für biologischen Anbau und wir führen auf den Bahamas das Marley Resort & Spa. Dort verarbeiten wir ausschließlich biologische Nahrungsmittel.

GUIDO BARTH: Bitte, lass uns später noch mal auf das Thema Ernährung zurückkommen, erst mal möchte ich mit dir über dein aktuelles Album, "Love is My Religion", sprechen.

ZIGGY MARLEY: Ja, gerne.

GUIDO BARTH: Du hast diesmal in Los Angeles aufgenommen und nicht wie sonst in Kingston. Außerdem hast du einen weiten Bogen um die großen Musikkonzerne gemacht. Was bedeutet das Album für dich?

ZIGGY MARLEY: Ich war mächtig stolz, besonders weil ich mit dem Album einen Traum verwirklicht habe, den bereits mein Vater hegte, aber den er nicht verwirklichen konnte, weil er so jung gestorben ist. Ich habe dieses Album selber produziert und mir gehören alle Rechte an den Liedern - die ich auch alle geschrieben habe. Ich bin also völlig unabhängig von einem großen Label. Außerdem habe ich viele Instrumente selber gespielt.

GUIDO BARTH: "Love is My Religion", der Titel deines Albums sagt es. Es geht um Liebe.

ZIGGY MARLEY: Yeah, LOVE. Das ist meine Botschaft.

GUIDO BARTH: In dem Video zum Titelsong spielen Hippies eine Hauptrolle und du zitierst auch aus einem Beatlessong aus den 60ern.

ZIGGY MARLEY: "All You Need is Love", yeah (Ziggy lächelt süffisant). THAT'S THE MESSAGE.

GUIDO BARTH: Schaust du dir aber die Welt an, siehst du oft alles andere, nur eben keine Liebe. Was können wir machen?

ZIGGY MARLEY: Da gibt es keine schnellen Rezepte, das umfasst eher das Ganze. Ich kann niemandem sagen, okay, mach das so und so und der Rest klappt dann schon. Du hast ein ganzes Leben und das ganze Leben lang bemühst du dich, dass die Liebe gedeiht und die Welt besser wird. Geben, geben, geben - lebenslang, so funktioniert das.

GUIDO BARTH: Du sprichst In deinen Texten von einer Kultur der Liebe, des Herzens und der Harmonie: Hast du nicht noch eine konkrete Idee, wie das praktisch aussehen kann?

ZIGGY MARLEY: Jeder muss da seinen Weg finden, das ist nicht einfach und jeder muss sich anstrengen. Das fängt damit an, dass dein Geist offen ist. Irgendwann hinterfragst du, was du alles siehst, fragst nach den Werten. Wer hat mir das beigebracht, mit welcher Absicht? So erkennst du Schritt für Schritt, was wirklich wichtig ist. Das ist ein schwieriger Prozess, aber anders geht es nicht. Das heißt nicht, dass alles schlecht ist, aber es kommt halt alles aus ein und demselben System, und genau dieses System, das nicht universell ist, ist für die jetzige Situation verantwortlich. Liebe aber ist universell.

Es geht dabei um das spirituelle, mentale Ringen, nicht um das politische oder soziale. Es geht um den Kampf, den jeder Mensch mit sich selber austragen muss, der Kampf um Liebe. Den Kampf darum, dass sich die Menschen nicht mehr gegenseitig hassen und töten. Und das ist etwas, dass wir in uns selbst finden müssen. Das lässt sich nicht politisch oder sozial lösen, verstehst du?

GUIDO BARTH: Lange Tourneen, selten zu Hause, weit weg von deiner Familie, wie gehst du damit um?

ZIGGY MARLEY: Weißt du, wir finden das, was wir machen sehr wichtig und wir sind überzeugt, dass es auch für sehr viele Menschen wichtig ist. Wir haben eine Botschaft und mit dieser Botschaft hat das alles einen höheren Sinn. Das gibt uns sehr viel Energie und innere Stärke.

GUIDO BARTH: Energie, innere Stärke und auch Spiritualität ... Welche Rolle spielt dabei die Ernährung?

ZIGGY MARLEY: Gute Ernährung ist die Voraussetzung für alles, gerade auch für unsere Spiritualität. Ich formuliere das mal positiv: Je lebendiger unsere Nahrungsmittel sind, desto besser können wir uns spirituell entwickeln. Andersherum, wie ich das vorhin schon gesagt habe: "Unsere Brüder und Schwestern gehören nicht auf den Teller".

GUIDO BARTH: Während einer Tour, wie läuft das da mit der Ernährung?

ZIGGY MARLEY: Unsere Caterer werden sehr genau angewiesen, was wir haben möchten. z.B. ganz banal, dass heißes Essen auch wirklich heiß sein soll und kaltes wirklich kalt. Wir wollen auch immer richtiges Geschirr und auf gar keinen Fall Plastik.

GUIDO BARTH: Was steht noch auf dem so genannten Catering-Trader?

ZIGGY MARLEY: Einiges, etwa dass wir die Lebensmittel in bester Qualität bekommen. Für uns gehört es auch dazu, dass die Menschen, die die Produkte verarbeiten, dass bewusst machen und dahinter stehen. So legen wir auch Wert darauf, dass unsere vegetarischen Mahlzeiten von einem vegetarisch lebenden Koch zubereitet werden. Der hat sozusagen viel kreative Erfahrung und geht bedeutend achtsamer mit den Produkten um weil er verstanden hat, worum es geht: um reine Lebensmittel.

GUIDO BARTH: Wenn du nicht auf Tour bist, lebst du in Los Angeles, wer kauft denn bei euch zu Hause ein?

ZIGGY MARLEY: Darum kümmert sich eher meine Frau, aber sie kauft natürlich auch bio ein. Wir haben zwei Kinder und könnten ihnen gar nichts anderes zu Essen geben, das wäre ganz unmöglich.

GUIDO BARTH: Du hast mal gesagt, eines Tages wird Musik ganz frei sein. Gute Lebensmittel gibt es aber nicht kostenlos. Wovon willst du leben?

ZIGGY MARLEY: Wir finden da einen anderen Weg, die Vögel und die Bienen, sie haben ihren Weg und wir finden auch einen. Da mach ich mir gar keine Sorgen. Es gibt immer einen Weg.

© Guido Barth, 2007


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Quelle:
natürlich vegetarisch, Magazin vom Vegetarier-Bund Deutschlands e.V.
58. Jahrgang - Quartal 4/2007, S. 4-5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2007